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Das Stimmungssystem bei HdRO

In der richtigen Stimmung: Das Stimmungssystem bei HdRO

Einführung
Ahoy hoy! Ich bin Keth, ein Senior Designer im HdRO-Team. Ihr kennt mich vielleicht noch aus Spielen wie Asheron’s Call und Asheron’s Call 2. (Um ehrlich zu sein, habe ich nur eine einzige Quest für AC1 entworfen.)

Was pasiert, wenn ihr eine gute Portion Schriftsteller nehmt, ebensoviel Programmierer, und das Ganze mit etwas Künstlerischem würzt? Ganz einfach: Heraus kommt ein Designer für HdRO. Naja, jedenfalls kommt etwas heraus, das mir ähnelt. Eins der Dinge, die mir an meiner Arbeit für HdRO besonders gefallen, ist, dass ich meine Finger in so viele verschiedene Kuchen stecken kann…

Hm, das war vermutlich nicht der beste Vergleich, aber ihr wisst, was ich meine. Worüber ich eigentlich heute sprechen möchte, ist das System, das mir wirklich am Herzen liegt, nämlich das System von Hoffnung und Grauen [MEHR]– die Stimmungen – bei HdRO.

Hintergrund

Eine meiner Lieblingsstellen im Buch Der Herr der Ringe ist die Szene, in der der Balrog vorkommt. Nicht so sehr die Szene, in der Gandalf auf der Brücke von Khazad-dûm steht, obwohl das auch eine gute Szene ist. Nein, meine Lieblingsstelle ist die, wo der Balrog zum ersten Mal sichtbar wird, und Legolas‘ Reaktion darauf. Legolas, der vorher von allem irgendwie unberührt erscheint, „jammert“, dass ein Balrog im Anmarsch ist. Dieses eine Wort („wails“, im englischen Original), führte mir die Macht und den Schrecken dieser Kreatur vor Augen. Das ist ein Beleg für Tolkiens beeindruckende schriftstellerische Fähigkeiten. Dieser Abschnitt ist jedoch nicht die einzige Stelle im Buch, in der Schrecken oder Grauen vorkommt. Man denke an Kankras Höhle, Mordor oder vieles mehr. Sogar die Geschichte, die Gandalf Frodo über die Herkunft des Ringes erzählt, birgt Furcht und Schrecken.

Natürlich geht es in den Büchern nicht nur um Furcht und Schrecken. Hoffnung und das Wiedererwachen von Hoffnung sind sogar noch wichtigere Pfeiler der Handlung. Ein Konzept, das Tolkien in seinen Briefen erwähnte, ist das der „Eukatastrophe“. Eine Katstrophe ist ein plötzlich auftretendes und ausuferndes Unglück, während die „Eukatastrophe“ das genaue Gegenteil verkörpert – jedenfalls in seiner Vorstellung. Es ist eine plötzliche und unerwartete Wendung zum Guten, und es gibt viele dieser denkwürdigen Stellen im Buch. Das sind zum Beispiel das überraschende Eintreffen von Gandalf und Éomer bei Helms Klamm, der Ritt der Rohirrim und viele andere.

Die Frage ist aber, wie man solche Emotionen im Spiel ausdrücken kann. Was wir brauchten, war ein Spielmechanismus, der die Gefühle aus dem Buch widerspiegelte, und genau daher rührt das Stimmungssystem.

Die Mechanismen von Hoffnung und Grauen

Die eigentliche Inspiration, die hinter dem System steckt, war etwas, das ich das „Bös-o-meter“ nenne. Ich stellte mir vor, wie man sich einer Quelle des Bösen nähert, etwa dem Hexenkönig, und eine Nadel auf einer Anzeige immer weiter ins rote Feld ausschlägt. Es ist schwer erklärbar, aber die Vorstellung allein, dass es so etwas geben könne, machte die ganze Situation für mich viel intensiver und cooler. Aus irgendeinem Grund gab dieser künstliche Mechanismus der Szene einen wichtigen Schub. Natürlich versuchen wir, das Böse durch unsere Kunst auszudrücken, durch Geräusche und andere Mittel, aber es hat auch einen gewissen Reiz, dem Spieler etwas unmissverständlich klar zu machen und ihm ins Gesicht zu sagen: „HEY, DIESER KERL IST BÖSE!“

Natürlich ist dieser Geigerzähler, den ich oben beschrieben habe, ungeeignet für unsere Spielwelt, deshalb zeigen wir euch durch Veränderungen in der Musik oder in Teilen der Benutzeroberfläche an, wenn ihr euch etwas Bösem nähert, und die Welt um euch herum sieht dunkler und bedrohlicher aus als zuvor. Ich finde, es ist ziemlich dramatisch und ein prima Effekt. Aber wie wir bereits gesehen haben, geht es in den Büchern nicht ausschließlich um das Böse und das Grauen – Hoffnung ist ein ebenso großes Thema, und unsere Benutzeroberflächen spiegeln auch das wider.

Nun wißt ihr also Bescheid darüber, was passiert, wenn ihr euch in der Nähe von Gut oder Böse aufhaltet, aber welche Auswikungen hat das auf euren Charakter? Wie ich bereits erwähnt hatte, haben diese Emotionen tatsächlich Auswirkungen auf die Charaktere in den Büchern, also sollten sie auch einen Einfluss auf eure Charaktere haben. Unser erster Schritt bestand darin, eine Eigenschaft zu entwerfen, die die Stimmung des Charakters widergibt. Die Stimmungs-Eigenschaft kann Werte von -10 bis +10 annehmen. Eine -10 Stimmung steht für eure abgrundtiefe Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, während eine +10 Stimmung die Hochstimmung von Hoffnung und Jubel ausdrückt. Also, welche Auswirkungen hat nun die Stimmung auf eure Charaktere? Danke für die Frage!

Charaktere, die hoffnungsvoll sind, werden bemerken, dass:

ihre Moralanzeige erhöht ist

sie empfänglicher für Fertigkeiten sind, die ihre Moral erhöhen

sie bei Angriffen weniger Schaden erleiden

sie eine größere Chance haben, ihr Ziel bei einem Angriff zu treffen

Charactere, die unter Grauen leiden, werden bemerken, dass:

ihre Moralanzeige gesunken ist

sie weniger empfänglich für Fertigkeiten sind, die ihre Moral erhöhen

sie bei Angriffen größeren Schaden erleiden

sie eine geringere Chance haben, ihr Ziel bei einem Angriff zu treffen

sie zuweilen so vor Angst erstarrt sein werden, dass sie überhaupt nicht angreifen können.

Nun, da wir die Stimmungen eures Charakters definiert haben, lasst uns die verschiedenen Nuancen betrachten

Stimmungsnuancen

Wenn man sich die Bücher ansieht, kann man die Augenblicke von Hoffnung und Furcht in drei Kategorien unterteilen: Momente, die von Personen beeinflusst werden, Momente, die von Orten beeinflusst werden und Momente, die von Situationen beeinflusst werden. Von diesen drei Kategorien könnte man zwei – Personen und Situationen – als „spontan“ bezeichnen, oder auch als aktive Stimmungs-Momente. Wenn die Person zugegen war oder sich das Ereignis zutrug, änderte sich die Stimmung der Charaktere beinahe augenblicklich. Die dritte Quelle aber, der Ort, erzeugt eine subtile, zugrundeliegende Stimmung, die der sich aus seiner Geschichte und den Bewohnern der Gegend ergibt. Wir könnten diese als passive Stimmungs-Momente bezeichnen. Lasst mich euch einige Beispiele dazu geben:

Aktive Stimmung
Personen
Hoffnungsvoll: Galadriel, Gandalf, Elrond, Tom Bombadil
Grauenvoll: Der Hexenkönig, der Balrog, Frodo (nur wenn er den Ring trägt, natürlich.)

Situationen
Hoffnungsvoll: Der Ritt der Rohirrim, die Ankunft der Adler am Schwarzen Tor
Grauenvoll: Die Belagerung von Minas Tirith, Helms Klamm (vor Gandalfs Ankunft)

Passive Stimmung
Orte
Hoffnungsvoll: Bruchtal, das Auenland, Lothlórien
Grauenvoll: Kankras Höhle, Mordor

Nun wird es ein wenig komplizierter. Wie oben beschrieben haben wir zwei Stimmungs-Nuancen: Aktive Momente und passive Momente. Man könnte jetzt sagen, dass diese beiden Kategorien sich „stapeln“, oder sich gegenseitig verviefältigen. Zum Beispiel sah es in Moria schon ziemlich düster aus, aber als der Balrog auftauchte, wurde es richtig brenzlig! Das Stapeln von Momenten ist ein weiterer Aspekt des Stimmungssystems in unserem Spiel.

Das Wie und Warum der passiven Stimmungen
Wie genau funktioniert denn nun das Stapeln von Stimmungen? Nun, zuerst werden wir uns die passiven Stimmungs-Momente einmal genauer ansehen, da sie ein wenig schwieriger zu verstehen sind.

Lasst uns zuerst über passive Hoffnung sprechen. Wenn ihr eine hoffnungsvolle Gegend in der Spielwelt betretet, wie zum Beispiel Bruchtal, dann werdet ihr feststellen, dass sich die Laune eures Charakters sogleich bessert. Die Welt sieht gleich viel freundlicher aus, nur weil ihr euch in einer bestimmten Gegend befindet. Wenn ihr euch in der Nähe eines hoffnungsvollen NSCs in Bruchtal aufhaltet, würde sich eure Stimmung umso mehr verbessern. Die Hoffnung des NSCs würde also zu der von Bruchtal addiert.

Wie sieht es aber aus, wenn ihr eine trostlose, grauenvolle Gegend der Welt aufsucht, wie etwa Angmar? Nun, eure Stimmung wird sich nicht schlagartig verschlechtern. Statt dessen werdet ihr, falls ihr in Angmar eine Niederlage erlebt, kurzzeitig von Grauen geplagt sein. Dies simuliert, wie euer Charakter zeitweise an seinen Fähigkeiten zweifelt, wenn er die letzte Schlacht verloren hat. Wie schrecklich sich euer Charakter fühlt hängt aber maßgeblich von der Gegend ab, in der er sich befindet. Auch wird euer Charakter sich noch viel schlechter fühlen, wenn zu der passiven Verzweiflungs-Quelle auch noch eine aktive hinzukommt. Sein Tag wird dadurch bestimmt nicht besser.

Um es in gängigem MMO-Slang zu formulieren: Ihr könntet euch passive Hoffnung als einen Buff, der von einer Gegend verliehen wird, vorstellen, und passive Verzweiflung als einen Sterbemalus, dessen Stärke sich nach der Region richtet, in der ihr euch gerade aufhaltet.

Was ist eine aktive Stimmung?
Hoffentlich (kleiner Scherz) konnten ihr mir bis hierher folgen, denn nun wenden wir unsere Aufmerksamkeit den aktiven Stimmungen zu. Sie sind ein wenig einfacher zu verstehen. Wenn ihr euch in der Nähe einer aktiven Stimmungs-Quelle, wie zum Beispiel einer Person, befindet, werdet ihr merken, dass sich eure Stimmung ändert. Solltet ihr euch zufällig in der Nähe von zwei gleichen Stimmungs-Quellen aufhalten, werdet ihr nur von der stärkeren beeinflusst.

Vielleicht war das ein wenig zu schnell für euch, also lasst mich euch ein Beispiel geben: Stellt euch vor, ihr trefft auf Gandalf und Legolas in Bruchtal. Bruchtal selbst hat euch bereits einen kleinen Hoffnungsschimmer gegeben, aber die Gegenwart von zwei Mitgliedern der Gefährten hellt euren Tag gleich noch viel mehr auf. Jedoch ist Gandalf die Figur, die noch inspirierender ist als Legolas, so dass sich nur seine Hoffnung auf euch auswirkt, nicht die von Legolas.

Die Dunkelheit verteiben
Nun ist die Stimmung eures Charakters aber nicht vollständig von äußeren Einflüssen abhängig. Ihr müsst also nicht auf Gandalf warten, der euch aus einer ganz besonders misslichen Lage herausreißt. Nein, ihr könnt gegen das Grauen ankämpfen, indem ihr aus euren eigenen Quellen der Hoffnung schöpft.

Was sind diese Quellen? Nun, es kommt darauf an. Ich werde euch hier keine vollständige Liste zur Verfügung stellen, aber ihr werdet herausfinden, dass bestimmt Fertigkeiten dazu geeignet sind, Hoffnung zu erzeugen, genauso, wie es manche Gegenstände oder Vorteile können. (Vorteile sind temporäre Buffs, die ihr für Schicksalspunkte erwerben könnt, einen Aspekt unseres Monsterspielsystems.) Was auch immer ihre Quelle ist, ihr werdet feststellen, dass es genügend Möglichkeiten gibt, eure Stimmung aufzuhellen und sich den Herausforderungen mutig zu stellen. Noch besser ist allerdings, dass diese spielergenerierten Hoffnungsquellen sich sowohl mit aktiven als auch mit passiven Hoffnungsquellen stapeln lassen!

Hoffnung schüren
Ich hoffe (noch ein kleiner Scherz), dass ich euch einen kleinen Einblick in unser Stimmungssystem von Der Herr der Ringe bieten konnte. Ich glaube, es ist eines der vielen einzigartigen Systeme in unserem Spiel, die auf den Konzepten und Begebenheiten in den Büchern von Tolkien basieren und die es zu einem interessanten Spielerlebnis machen!