2. Kapitel
Yeremis Vater stand an der Tür und schaute besorgt zum Himmel auf. Laut fluchend schloss er dann die Tür und verriegelte sie. „Ein Ionensturm kommt auf uns zu.“ Zuerst wusste Yeremi sich darauf keinen Reim zu machen, doch dann erinnerte er sich an einen Bericht im Fernsehen. Ein Sturm der alle Elektronik beschädigt. Vor allem natürlich die Elektronik, die gerade läuft. Sein Vater hatte schon begonnen die Stromgeneratoren auszuschalten, als Yeremi seinen Gedankengang schloss. Eben in diesem Moment begannen die ersten Blitze einzuschlagen. Von einer Minute auf die andere hatte der Sturm den Himmel in ein infernales Gelb getaucht und die Blitze leuchteten unwirklich. Der Sturm dauerte nur einige Minuten, doch die Schäden waren gewaltig.
Der Wind hatte eine Baumgruppe gegenüber der Farm entwurzelt. Der gesamte Kamm des nördlichen Berges brannte. Die Blitze müssen dort mit besonderer Wucht eingeschlagen haben. Das ganze Tal war verwüstet worden. Im Dorf sah es noch schlimmer aus. Selbst von der Farm konnte man die Brände sehen. Offensichtlich hatten nicht alle im Dorf ihren Strom abgeschaltet. Yeremis Vater stand im Türrahmen und betrachtete das Tal kopfschüttelnd. „Was ist aus der Welt nur geworden?“ fragte er in Gedanken versunken, dann schreckte er plötzlich hoch als eine Explosion das kleine Tal erhellte. Kurz flammten die Wälder in Explosionsfeuer auf um dann wieder in der Nacht zu verschwinden. Doch im Dorf blieb ein heller Feuerschein bestehen. „Los Yeremi! Wir fahren runter und sehen ob wir helfen können.“
Sie sprangen in den alten Jeep. Es war ein alter ausgemusterter Wüstenjäger. An den Seiten waren die GDI-Wappen übermalt worden, aber das Farbschema war immer noch das selbe und Yeremis Vater achtete sehr darauf das es nicht verändert wurde. Im Dorf hatte man allein durch das alte GDI Fahrzeug mehr Respekt vor ihm. Viele hatten im Kampf gegen NOD ihr Leben gelassen und nur wenige kehrten so gesund zurück nachdem sie in Tiberiumfeldern Grabenkämpfe hatten ertragen müssen. Der Jeep war nur ein weiteres Symbol seiner Leistung.
Mit grollendem Motor rauschten sie auf dem Feldweg durch den Wald. Sie fuhren eindeutig zu schnell für diese Nacht. Überall im Wald brannten kleine Feuer welche den Weg erhellten. Die Scheinwerfer streiften über den Waldweg hinweg und oft holperten sie über Äste und Zweige. Aber das Glück schien ihnen bei zu stehen, denn kein Baum war auf den Weg gestürzt und stoppte ihre Fahrt abrupt. So bogen sie auf die geteerten Straßen ein, die zum Dorf führten. Es hatte damals ein Vermögen gekostet die Versorgungswege wetterfest zu machen. Leider war das schon Jahre her und die ersten Schlaglöcher zeugten davon, das niemand Geld hatte so ein Projekt nochmals durchzuführen. Ja die Zeiten waren schlecht, dachte Yeremi als die Scheinwerfer des Jeeps das Ortsschild erreichten. Der Motor heulte auf, als sein Vater nochmals Gas gab und Richtung Dorfplatz abbog.
Viele Dorfbewohner waren dort versammelt und halfen dem Löschtrupp der Feuerwehr. Das Löschfahrzeug schien mit seinen 60 Jahren kaum noch das Wasser des Baches in das Feuer zu befördern zu können. Die Pumpen des Löschwagens röhrten schrecklich, aber irgendwie schien es noch zu funktionieren. Viele Bewohner des Dorfes halfen mit Eimern kleine Feuer zu löschen oder kümmerten sich um Verletzte. Erst jetzt konnte Yeremi sehen was die große Explosion verursacht hatte. Ein Gastank war explodiert. Yeremi danke seinem Vater im Stillen, dass er ihre Gastanks unterirdisch angelegt hatte. Der Dorfplatz schien eine Szene aus einem Film zu sein.
Überall liefen hektisch Menschen umher. Verletzte schrien ihren Schmerz heraus und das Feuer knisterte laut als es einen Holzschuppen verzehrte. Yeremi stand inmitten dieser Szenerie und schaute nur erschrocken um sich. Sein Vater war längst irgendwo und half bei den Löscharbeiten. Während er so da stand, bemerkte er nicht wie sich jemand aus einer Seitengasse heran schleppte. Erst als der Mann einen Arm auf Yeremis Schulter fallen ließ und sich auf ihn stützte, schrak er auf. Mit einem erstickten Schrei sah er den Mann von der Seite und versuchte dabei das Gleichgewicht zu halten, als das Gewicht des Mannes auf ihm lastete.
Es war Sam. Er war etwa im selben Alter wie Yeremis Vater und auch Sam war im Krieg gewesen. Nur war er nicht so gesund zurück gekehrt. Die Leute im Dorf sagten, das Tiberium hätte sein Gesicht entstellt, andere erzählten sich von brutalen Grabenkämpfen mit NodTruppen. Als sich nun Sam so auf Yeremi stützte sah man im roten Feuerschein eine große klaffenden Wunde an Sams linker Seite. Sie zog sich von der Schläfe bis zum Oberschenkel. Er roch verbrannt. Sams Kleidung schwelte noch. Leise flüsterte Sam: „Sigurd, bist du es?…. haben.. haben wir die Schweine erwischt? Ist der Skorpion erledigt?“
Das verbrannte Fleisch stach Yeremi in die Nase und der Blick von Sam lies ihn erstarren. Doch Sam flüsterte weiter: „Sigurd! Halt bloß den Kopf unten … halt ihn unten …. NEIN .. „Sam begann wild um sich zu schlagen und riss sich los. „Nein .. NEEEEIN .. SIGUUURD!!“ Sam klappte ohne die Stütze von Yeremi zusammen und sank auf die Knie. „Nein nein nein. Der Skorpion lebt. Sigurd .. ich sagte doch, halte den Kopf unten …“
Jemand kam zu Yeremi und half Sam. Yeremi stand nur da und starrte ins Leere. Sie brachten Sam in ein Notzelt. Aber es kamen immer mehr Verletzte. Auch in den anderen Gehöften die um das Dorf herum lagen gab es viele Verletzte die nun ins Dorf gebracht wurden. Brandwunden, Brüche, doch niemand hatte so schlimm ausgesehen wie Sam. Schon immer war sein Gesicht von Narben durchzogen gewesen. Erinnerungen an den Krieg, wie die Veteranen oft sagten. Doch es waren viele Geschichten im Umlauf über Sam. Man wusste nur, das er eigentlich Amerikaner war. Doch dank irgendeiner Spezialeinheit, die ähnliches wie Yeremis Vater getan hatte, kam er nach Europa. Dann kam der Krieg und er wurde im Mittelmeer eingesetzt. Später war er in einer Garnison in Kairo stationiert. Es soll die Hölle gewesen sein. NOD begann in Afrika zum ersten mal ganze Staaten unter ihre Kontrolle zu bringen und eine richtige Armee aufzustellen. Kairo war schwer umkämpft gewesen. Die ganze Stadt war in ein Schlachtfeld verwandelt worden. Irgendwann hatte ein Reporter im Fernsehen die Schlacht als 2. Stalingrad bezeichnet. Die GDI war völlig eingekesselt worden und NOD setzte ihre Artillerie gnadenlos ein.
Yeremi wurde aus seinen Gedanken gerissen und bemerkte das sein Vater vor ihm stand. Er legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Ich habe gehört, du hast Sam gefunden. Er ist von einem Blitz getroffen worden. Aber er scheint ein verdammt zäher Hund zu sein und wird es überleben.“ sagte er mit ruhiger Stimme. „Er, … er hat mich Sigurd genannt, Vater. Er sagte etwas von dem Skorpion….Was meinte er damit?“. fragte Yeremi.
„Der Skorpion .. „ begann sein Vater in Gedanken versunken zu murmeln, bevor er kurz zuckte und dann antwortete:“ Ich denke er hat dich mit einem alten Kriegskameraden verwechselt. Vielleicht dachte er, er wäre wieder im Krieg. Das kann vorkommen.“ „Denkst du auch oft an den Krieg?“
„Ich träume. Ich sehe meine Kameraden. Aber ich denke nicht daran. NOD ist vernichtet, das ist was zählt!“ antwortete sein Vater und blickte in den Himmel. Dort zeichnete sich der Sonnenaufgang ab und erhellte das Dorf mit ersten Sonnenstrahlen die über den rauchenden Bergkamm leckten.
Die nächsten Tage waren geschäftig. Überall hatte der Aufbau begonnen. Alle Bewohner halfen zusammen um das Dorf in Stand zu setzten. Trotz der Gasexplosion war niemand getötet worden. Wie durch ein Wunder waren die Bewohner des Hauses gerade bei ihren Freunden gewesen. Solch ein Glück hat man nur einmal im Leben hatte Yeremis Mutter gemurmelt als sie vom Markt kam und diese Neuigkeit mitbrachte.
Die neue Farm war inzwischen voll funktionstüchtig. Yeremi studierte gerade eine Ertragskurve, die er für seinen Vater erstellte, als sein Freund Gregor am Fenster klopfte. Yeremi sprang auf und öffnete das Fenster. „Hey Gregor, was geht?“ „Nicht viel. Der Sturm war aber heftig, hat sogar die alte Eiche bei uns halb umgehauen.“
Yeremi speicherte die Ertragskurve auf seinem Datenblock und klettere dann aus dem Fenster. „Wohin?“ fragte er Gregor. Dieser zuckte nur die Achseln und meinte: „Zum Bruch..“
So fuhren sie auf Gregors Hoverbike in den alten Steinbruch. Gregors Eltern waren reich. Nein reich war kein Ausdruck. Sie konnten es sich leisten hier auf dem Land zu wohnen, weil sie Lust dazu hatten. Daher hatte Gregor auch niemals Probleme damit etwas zu bekommen, was er wollte. Wie dieses Hoverbike zum Beispiel. Gregor hatte langes braunes Haar, dass jetzt im Wind wehte. Er trug nie einen Helm, aber es gab auch wenige Hindernisse an die sein Bike stoßen konnte. Er flog immerhin einen Meter über dem Boden. Gefahren gab es für ihn kaum. Nur Bäume, um die er mit Vorliebe in unmenschlichen Geschwindigkeit sauste, bargen Gefahren in sich. Das Hoverbike bog surrend um einen Felsvorsprung und tauchte in den etwas tiefer gelegten Steinbruch ab. Er war schon fast 200 Jahre stillgelegt, aber dennoch standen noch einige Gerätschaften herum und es gab dort eine Hütte, die im besten Zustand war. Kein Wunder, benutzte doch die Jugend und ihre Vorgänger diese Hütte seit der Stillegung des Bruchs als Partyhaus. Langsam näherten sie sich auf dem Bike der Hütte um dann davor auf den Boden herab zu schweben. Eine große Staubwolke stieg auf als das Bike aufsetzte. Ein Jugendlicher aus dem Dorf kam aus der Hütte heraus und stemmte die Arme in die Hüften. Er war sehr muskulös gebaut und war mindestens zwei Meter groß.
Sein schwarzes Haar war ganz kurz geschnitten und seine Haut war braungebrannt. Er war so etwas wie der Anführer der Hütte. Nicht wegen seiner körperlichen Kraft sondern wegen seines Talents wenn es um´ Organisation ging, hatte er sich diesen Posten erarbeitet. Nun da er vor den beiden stand wussten sie bereits, dass es Zeit für einen „Rüffel“ war. Er stand nämlich immer so da, wenn es was aus zu setzten gab. „Wo warst du Gregor? Du hattest heute morgen Aufräumdienst!“
„Oh Shit! Ich hab es vergessen Mike. Tut mir leid. Echt.“ antwortete Gregor. Mike grinste breit: „Ah ja und du glaubst echt hier war gestern ne Party während des großen Sturms? Depp!“. Laut lachend kamen ein paar anderen Jugendliche aus dem Haus. Gregor murmelte mit säuerlichem Blick etwas davon wie sehr er die Späße von Mike hasste und ging dann in die Hütte.
Heute waren so ziemlich alle anwesend. Es gab viel zu erzählen und jeder hatte eine kleine Horrorgeschichte über den Sturm zu erzählen. Mike begann einige Verletzungen zu beschreiben. „Der alte Reuters hat versucht seine Kühe noch in den Stall zu treiben, aber der Sturm kam zu schnell. Ein aum ist direkt auf ihn gestürzt. Er hat so ziemlich alles gebrochen was man so hat. Ich glaube er wird seinen Hof verkaufen müssen.“ „Das ist noch gar nichts!“ versuchte Gregor Mike zu übertreffen. „Jemand aus dem Dorf soll vom Blitz getroffen worden sein und hat es überlebt!“
Mike lachte höhnisch: „Wer soll denn das gewesen sein?“ „Sam“ antwortete Yeremi langsam. Alle Augen richteten sich auf ihn und es trat Stille ein. Jetzt war es an Yeremi seine Geschichte zu erzählen, das wusste er. „Ich war mit meinem Vater im Dorf. Wir wollten helfen. Aber ich wusste nicht wo ich hin sollte, also stand ich einfach auf dem Dorfplatz. Plötzlich stützte sich jemand auf mich. Er roch verbannt und er stöhnte etwas. Als ich zu ihm hin sah, erkannte ich Sam. Er hatte eine klaffende Wunde. Die zog sich vom Kopf bis zu seinem Bein runter. Es war echt grausig.“ berichtete Yeremi langsam und stockend. Inzwischen war es später Nachmittag geworden und ein paar Wolken verdunkelten die Sonne, die wieder Richtung Bergkämme zog um dort in ein paar Stunden zu verschwinden. Jemand hatte leise die Tür geschlossen. Mike stand auf und ging zu einer Kiste die mit einer Plane überdeckt war. Er zog diese schwungvoll herunter und es kam eine Kiste Bier zum Vorschein. Traditionell in Flaschen und nicht in Plastik oder Dosen war das Bier immer noch am Besten zu genießen. Yeremi wurde aufgefordert weiter zu erzählen und so begann er langsam zu berichten was Sam alles zu ihm gesagt hatte.
„Der Skorpion?“ fragte einer der Zuhörer. „Was soll denn das sein? Eine Person?“ Mike antworte für Yeremi: „Ich glaube er meinte damit einfach NOD. Das Wappen von NOD zeigt doch einen Skorpion oder? Yeremi sagte doch sein Vater meinte Sam hätte ein Kriegstrauma. Vielleicht benutzte er nur einen Slang der Truppen.“
Während sie so gebannt diskutierten bemerkte keiner das der Sonnenuntergang eine seltsame Farbe angenommen hatte. Grüngelb leuchten die dicken Wolken die herauf zogen. Erst als der Steinbruch in ein gelbes Licht getaucht wurde, schreckten alle hoch. „Scheiße!“ begann jemand zu fluchen. Mike rannte zu dem kleinen Computer der im Nebenraum stand und schaltete ihn aus. Er rief: „Ein Ionensturm. Schon wieder.“ Macht alles aus was irgendwie elektronisch ist.“
Gregor wurde plötzlich kalkweiß und fluchte: „Mein Bike ist auf Standby!!!“ Ein lautes Krachen vor der Tür bestätigte dies. Ein Splitter der von einem ehemaligen Hoverbike herrührte durchschlug fast die Wand und ragte zur Hälfte in den Raum hinein. „Scheiße, Scheiße, Scheiße…“ begann Gregor zu schreien „das kann doch nicht wahr sein!“