12. Kapitel
Gregor wanderte ziellos durch die Stadt. Schon länger schlenderte der durch einen großen Basar. Der Basar war in Innenhöfen und flachen Hallen angebracht. Viele kleine Geschäfte versuchten Kunden anzuziehen und das sehr lautstark. Eine Vielzahl von Marktschreiern kämpften gegen einander an und boten ihre Waren feil. Gregor bahnte sich seinen Weg durch die Masse. Es war immer noch sehr warm. Wäre er nicht aus Portugal gekommen, würde er wahrscheinlich zerfließen, aber so hatte er sich schon ein wenig an die Hitze gewöhnt. Die Düfte von fremden Gewürzen, seltsamen Speisen und verschiedensten Tabakarten drangen auf ihn ein. Nur selten blieb er an einem Stand länger stehen. Er hatte schnell gelernt, dass dies für die Händler fast schon einem Kauf gleichkam. Er schob sich eine weitere getrocknete Dattel in den Mund und kaute darauf. Für mehr als diese kleine Nascherei hatte er kein Geld bei sich. Er bekam schließlich keinen Sold, wie es hier offensichtlich üblich war. In Europa lebten und arbeiteten die Anhänger der Bruderschaft in den Basen und wurden dafür versorgt. Hier hingegen schienen viele Soldaten besoldet zu werden. Zumindest vermutete er dies. Überall schlenderten Soldaten offen in Uniformen der Bruderschaft umher und betraten das eine oder andere Geschäft. Es war eine seltsame Stadt. Immer wieder fragte sich Gregor, wie Hassan es anstellte, dass ihn die GDI in Ruhe lies. Vor allem in Kairo. In dieser Stadt hatten mehr Soldaten ihr leben gelassen als vor dem Tempel von NOD in Sarajevo. Die Häuserkämpfe waren mörderisch gewesen und der Guerillakampf nach dem Tod von Kane hatte ähnlich ausgesehen. Die GDI gab so einen Ort nicht einfach auf.
Gregor wanderte weiter durch den Basar und lies sich von der Menge treiben. Nur ab und zu schlug er eine neue Richtung ein um sich nicht zu weit vom Palast zu entfernen. Schließlich kannte er sich in dieser Stadt nicht aus und der Stadtplan auf seinem Datenblock war im Grunde nutzlos. Schon nach den ersten zehn Minuten hatte Gregor den Stadtplan deaktiviert. Diese Stadt schien ein lebender Organismus zu sein. Ständig änderten sich Wege und Straßen. Häuser wurden abgerissen und neue Wege frei. Alte wurde gesperrt. Kairo litt immer noch unter den Zerstörungen der vielen Kämpfe. Oft waren über den Trümmern einfach neue Häuser entstanden. Ein gravierender Fehler, denn jetzt gaben an einigen Stellen die Trümmer nach. Alte Keller stürzten ein und rissen ganze Häuser einige Meter mit in die Tiefe. Aber das schien hier an der Tagesordnung zu sein und es interessierte niemanden. Gregor schaute auf seine Uhr und stellte fest, dass bald der Empfang beginnen musste. Langsam aber sicher steuerte er wieder die Richtung des Palastes an.
Dyszara stand vor ihrem Spiegel und legte ihr Kleid an. Heute war es wieder soweit. Die schleimigen Diener Hassans baten zum Tanz. Besser gesagt sie baten sie zum Tanz. Sie wiegte kurz ihre Hüften und hörte die kleinen Goldplättchen an ihrem Rock klimpern. Sie lächelte sich kokett im Spiegel an. Nur um ihr Lächeln zu trainieren. Nach einer kurzen Pause begann sich dann zu schminken.
Sie hatte noch über eine Stunde Zeit bis der Empfang überhaupt begann und auch dann blieb ihr noch viel Zeit, bis ihr Auftritt kommen würde. Mu-Berek hatte ihr gesagt, dass er sie an seiner Seite wünsche. Mu-Berek widerte sie an, er passte bestens zu Hassan. Dyszara hörte die Worte ihrer Mutter. „Tanzen ist kein guter Beruf. Nicht im Palast. So gut wie Hassan auch für das Land sein mag, er ist ein Mann. Ein mächtiger Mann. Nimm dich vor ihm in Acht!“ Sie seufzte. Wie immer hatte sie recht behalten. Sie gehörte nun ganz dem Palast. Sie war noch nicht lange im Palast, als sie vom Tod ihrer Eltern erfahren hatte. Man hatte sie getötet, nachdem sie mehrmals die Einladungen von Hassan abgelehnt hatte. Der ganze Palast schien ihr von einer Duft des Todes überdeckt. Sie und dir anderen Mädchen im Palast wussten mehr über Hassan als selbst sein Adjutant. In seinen Ausschweifungen lies er sich mit Ramses vergleichen. Er hielt sich für einen der alt-ägyptischen Herrscher. Aber keiner durfte von solchen Dingen etwas erfahren. Das hatte sie schmerzlich erfahren. Sie durften noch nicht mal den Palast verlassen. Nun, sie war eine Gefangene. Aber schon andere vor ihr hatten es geschafft sich frei zu kaufen. In diesen Gemäuern schien alles möglich. Eine schwerwiegende Information an der richtigen Stelle angesetzt und es dauerte nicht lange bis irgendjemand sich gezwungen sah sie zu befreien um sich selbst zu schützen. Sie schminkte sich weiter und betonte ihre Augen. Was man durch schminken alles erreichen konnte, hatte sie schnell gelernt. Viele Männer ließen sich schon allein von einem geschickt geschminkten Lächeln betören. Sie schüttelte den Kopf. Männer konnten so töricht sein. Aber solange es ihren Zwecken diente war das in Ordnung. Mit jedem Tanz, mit jedem Dienst, den sie jemandem erwies, kam sie der Freiheit näher.
Mu-Berek hatte alle Hände voll zutun. Die Diener stellten sich wie immer dumm, die Musiker waren am falschen Platz, es lief alles wie immer. Nur hatte er keinen Adjutanten zur Verfügung. Er musste den Laden nun alleine am Laufen halten. Mu-Berek blieb in der Mitte des Festsaales stehen und stemmte die Arme in die Hüfte. Er musterte die Dekoration und brüllte einige Diener an, um sie zum schnelleren Arbeiten zu bewegen.
Dann begab er sich schnell in den Flur der Tänzerinnen. Fast hätte er vergessen Dyszara zu besuchen. Diese Frau hatte es ihm wirklich angetan, aber heute Abend würde er sie für andere Zwecke benötigen, als ihm im Moment vorschwebte.
Er blieb vor der massiven Holztüre stehen und klopfte an. „Dyszara? Ich bin es Adjutant MuBerek. Ich müsste mit ihnen sprechen.“ Innerlich wappnete er sich. Er hoffte, dass sie noch nicht völlig angekleidet war. Als sich die Türe einen Spalt öffnete, wurde er allerdings enttäuscht. Sie hatte bereits ihr Tanzkleid angezogen. Aber auch dieses lies viel Haut sehen. Nur ein Band aus Seide umschlang ihre Brüste und verbargen kunstvoll das, worauf es seine Blicke abgesehen hatte. Der Bauch lag frei, nur verhüllt von einem dünnen, leichten Schleier, den sie bereits in ihr Haar geflochten hatten. Der Schleier reichte in seinen einzelnen Fransen zum Teil bis an die Hüften. Mu-Berek leckte sich über die Lippen. Ihr Hüfte war ebenfalls nur von einem Band Seide verhüllt, aber er war sich sicher, dass es sehr fest saß um beim Tanz nicht zuviel zu enthüllen.
„Adjutant? Was kann ich für sie tun?“ flötete Dyszara. Ihr Lächeln war umwerfend wie MuBerek fand. „Darf ich herein kommen? Es geht um eine äußerst wichtige Angelegenheit. Es wäre nicht ratsam dies auf dem Flur zu erörtern.“ Sie neigte den Kopf leicht nach vorn, trat zurück und öffnete die Türe ganz. Mu-Berek trat ohne zögern ein.
Hassan blickte von einem nahen Hügel auf die kleine Basis seines Kommandanten. Er hatte ihn zum Herrn über den ganzen Jemen gemacht und nun betrog er ihn. Hassan hob das Fernglas und zoomte auf die Basis. Ein heißer Aufwind blies ihm eine Böe Sand ins Gesicht, aber er tat so, als ob es ihm nichts ausmachen würde. Haltung vor den Untergebenen war ein wichtiger Faktor. Auch wenn man der Anführer war, musste man sich den Respekt der Truppen erst verdienen.
Die Luft flimmerte in der Hitze, aber es war deutlich zu sehen, dass sich sein Kommandant ein sehr schönes Haus gebaut hatte. Hassan hatte die Geldflüsse überprüft. Sein Verdacht der Untreue hatte sich nicht bestätigt. Er verzog sein Gesicht zu einer wütenden Grimasse. Sein Untergebener hatte Gelder von Kasian erhalten. Das war also der Dank für seine Großzügigkeit ihn über den Jemen herrschen zu lassen. Hassan lies das Fernglas sinken und drehte sich um. Hinter ihm standen zehn seiner besten Elitesoldaten. Seine Leibgarde. Sie nannten sich selbst die Horus Garde. Den Grund für die Wahl des Namens hatten sie ihm nie genannt, aber Hassan vermutete, dass sie sich von dem Götterstreit zwischen Horus und Seth inspirieren ließen. Trotz ihres Namens waren sie doch in den typischen Uniformen der Bruderschaft gekleidet. Aber sie lehnten es ab die Wüstentarnfarben zu tragen. Sie kleideten sich immer in schwarze Uniformen und verzichteten sogar auf die roten Rangstreifen an Kragen und Schulter.
Hassan winkte sie zu sich. Er zeigte auf die Basis im Tal. „Er hat uns verraten. Doch jetzt ist der Zeitpunkt der Vergeltung gekommen!“ Hassan zog seinen Datenblock aus dem Gürtel und kontrollierte Daten der Basis im Tal. „Er ahnt wohl, dass wir kommen. Ich möchte dieses Basis weiterhin nutzen, nur der Verräter soll büßen!“ Der Leutnant der Horus Garde nickte. „Wir werden ihn zu Euch bringen.“ Hassan lächelte kalt. „Lasst ihn unverletzt. Ich habe eine ganz besondere Überraschung für ihn.“ Der Leutnant neigte den Kopf. „Wie ihr wünscht.“ Dann drehte er sich zackig um und hob die Hand. Er ging auf den großen Transporter von Hassan zu und seine Soldaten folgten ihm.
Es dauerte keine zwanzig Minuten, da hatten sie sich in die Basis eingeschlichen. Bisher hatten sie keine Wache töten müssen. Zweimal waren sie auf Wachposten gestoßen, aber gezielte Schüsse aus dem Toxingewehr machten sie für die nächsten Stunden unschädlich. Der Leutnant hatte sich mit vier seiner Männer eingeschlichen. Die restliche Garde wartete außerhalb der Basis um bei einem Fehlschlag eingreifen zu können. Der Leutnant spähte um eine Ecke und fand eine weitere Wache vor. Schnell zog er sich wieder zurück. Er war stolz in der Horus Garde zu dienen. Erst vor einigen Wochen hatte man ihn befördert und ihm ein Kommando unterstellt. Ihre Tradition reichte weit zurück. Über 20 Jahre. Nur wenige konnten aus dieser Zeit noch berichten, aber die wenigen Großmeister der Garde behaupteten, dass ihre Lehrer die letzten Kerubim gewesen seien. Der Leutnant wollte dieser Tradition alle Ehre machen. Eines Tages würden sie, ähnlich den Kerubim, dem neuen, alleinigen Anführer der Bruderschaft beistehen. Er fragte sich ob es vielleicht doch noch Kerubim geben konnte, aber für solche Gedanken hatte er jetzt nicht die Zeit. Er zog seine Toxinpistole aus dem Holster. Bisher hatten sie alle Wachen aus der Distanz unschädlich machen können. Dieses Mal musste es aus nächster Nähe geschehen.
Er spannte seine Muskeln und atmete noch einmal scharf ein. Nach zwei Sekunden Anspannung sprang er um die Ecke und hob die Pistole. Die Wache reagierte kaum auf die Gefahr. Viel zu schnell steckte in seinem Hals ein kleines Geschoss und die Wirkung des Toxins entfaltete sich. Noch halb in der Drehung zu dem Leutnant knickten seine Beine ein und er fiel mit erstaunten Augen zu Boden.
Der Leutnant lud die Pistole neu. Sein Kommando war ihm gefolgt und deckten seinen Rücken. Sie hatten jetzt fast das Haus erreicht. Der Anstrich war neu und auch der Vorgarten schien gerade erst angelegt. Der Leutnant schüttelte den Kopf über solche Verschwendung. Allein das Wasser für den Garten würde auf einem Feld viel nützlicher sein. Er sondierte noch einmal das Gelände. Das Areal um das Haus schloss sich direkt an die kleine Basis an. Von ihrem Standort konnten sie sich dem Haus unbemerkt nähern. Er gab seinem Kommando Handzeichen und lief los. Kaum zehn Sekunden später waren sie über die kleine Gartenmauer und hinter einer Anzahl Büschen verborgen.
Ihre Zielperson sollte unbeschadet bleiben. Also pirschten sie sich an das Haus heran. Ein Anschlag wäre sicherlich leichter gewesen, aber dies war zumindest eine Herausforderung. Der Leutnant näherte sich einer kleinen Veranda, zwei Wachen standen am Fuß der schmalen Treppe und beobachteten die Umgebung. Das Kommando hinter den Büschen schienen sie nicht zu bemerken. Auf der Veranda selbst saß die Zielperson und trank Tee.
Der Leutnant zeigte ein schmales Lächeln und bedeutete seinem Scharfschützen die zwei Wachen auszuschalten. Zweimal war ein leises Plopp zu hören, dann brachen die Wachen zusammen. Die Zielperson verharrte kurz und schaute erstaunt auf die Wachen, dann sprang sie auf. Aber es war bereits zu spät. Der Leutnant stand bereits auf dem Absatz der Treppe und hob die Pistole. Er lächelte und sagte: „Ich habe eine Einladung zu überbringen und ich bin mir sicher sie schlagen sie nicht aus!“
Mu-Berek hatte sich auf dem Platz von Hassan nieder gelassen. Heute gebührte ihm diese Ehre. Er schüttelte unwillkürlich den Kopf. Manchmal fragte er sich, wofür sich Hassan hielt. Für einen Gott? Der Respekt und die Verehrung die man ihm teilweise entgegenbrachte waren übertrieben. Vor allem aber standen sie im grotesken Gegensatz zu dem Theater, welches sich hier gerade abspielte.
Er war der Gastgeber für eine kleine Schar von Speichelleckern und Arschkriechern. Sie alle tanzten auf dem glatten Parkett der Machtspiele am Palast. Heute versuchten sich eben diese Leute bei ihm einzuschmeicheln. Schließlich wusste man nie was die Zukunft brachte. Er lächelte verschlagen und nickte einem weiteren eintreffenden Gast zu. Er persönlich würde es vorziehen, dass sie traditionell auf Kissen am Boden speisten, aber im Palast war es üblich nach westlicher Manier an einer langen Tafel zu speisen. Mu-Berek akzeptierte dies. Schließlich wurde die Tafel nach dem Essen weggetragen und Diener machten Platz für die Tanzfläche.
Mu-Berek beobachtete seine Gäste. Sie schüttelten Hände. Jeder hatte ein besonders herzliches Lächeln für seinen Gegenüber übrig. Er lies seine Blicke schweifen und fand schließlich seinen speziellen Gast. Gregor stand abseits und sprach mit einem der wenigen ausländischen Diplomaten. Offensichtlich ging der Junge in der Rolle des Diplomaten auf. Sein Gegenüber lauschte ihm gespannt. Vielleicht würde sein Plan doch schwerer durchführbar sein als erwartet. Er klatschte zweimal in die Hände und forderte damit die Gäste auf Platz zu nehmen.
Er stand auf und räusperte sich. „Meine Freunde und Verbündete. Liebe Gäste. Ich begrüße sie nochmals im Namen von Hassan. Er lässt ihnen die besten Wünsche überbringen. Leider ist er verhindert. Es gibt gewissen Angelegenheiten im Jemen, die seine Aufmerksamkeit verlangen. Daher werde ich heute als ihr Gastgeber fungieren.“ Er machte eine kurze Pause und lächelte in die Runde. „Genießen sie das Bankett. Ich danke ihnen.“ schloss er und setzte sich wieder. Ein kurzer Applaus erklang, dann trugen die Diener auch schon den ersten Gang auf.
Gregor hatte sich so einen Empfang komplizierter vorgestellt. Aber sein erstes Gespräch mit den sogenannten Diplomaten war relativ gut über die Bühne gegangen. Natürlich war es nicht viel mehr als ein Austausch von Höflichkeit gewesen, aber dennoch hatte Gregor den Diplomat dazu bewegen können, nicht nur mit Hassan Kontakt aufzunehmen. Er hatte die Vorstellungen seines Vaters geschildert, wie die Bruderschaft weiter vorgehen sollte. Der Diplomat schien nach den Erfolgen der Koalition um Kasian schon geschwankt zu haben. Schließlich lies er sich überzeugen, nicht nur mit Hassan Gespräche aufzunehmen. Er versprach auf seiner Rückreise nach Russland einen Abstecher zu Kasian zu machen. Gregor war mit sich zufrieden. Er lies sich das gebratene Hammelfleisch schmecken. Er hatte keine Ahnung, was für Beilagen das Fleisch dekorierte, aber sie schmeckten ebenfalls vorzüglich.
Das Bankett zog sich hin und immer neue Speisen wurden aufgetragen. Gregor hatte schon längere Zeit aufgehört zu essen, aber es schien immer noch Gäste zu geben, welche kräftig zugriffen. Gregor dagegen versuchte sich mit ein wenig Small Talk. Sein Nachbar ging allerdings nicht voll darauf ein. Er berichtete nur, dass er sich besonders auf die Vorstellungen im Anschluss freue. Gregor hatte keine Ahnung was damit gemeint war. Erst als das Essen beendet war und Diener die lange Tafel aus dem Saal trugen, dämmerte ihm, was nun folgen würde. Eine große Anzahl Gäste schienen nur wegen diesem Programmpunkt gekommen zu sein. Zumindest schien das aus ihren Gesprächen hervor zu gehen. Die Diener brachten große weiche Kissen herein und reichten jedem Gast eines davon. Nachdem sie sich niedergelassen hatten, trugen die Diener Tee und Wasserpfeifen herein. Gregor musste unwillkürlich an einige Partys seiner Clique denken und lächelte. Aber natürlich wurde hier nur Tabak geraucht. Ganz sicher war sich Gregor aber nicht. Er beugte sich zu seinem Nachbarn und fragte nach dem Grund des ganzen Aufwandes. Dieser lächelte nur und hieß in noch einen Moment abzuwarten.
Plötzlich wurde das Licht gedämpft, ein Vorhang hob sich und Musiker kam zum Vorschein. Sie begann sofort zu spielen. Zuerst leise, dann mit der Zeit etwas lauter. Handtrommeln gaben den Grundrhythmus an. Eine Art von Flöte gab die Melodie. Es war eine seltsame Musik. Gregor hatte solche Musik bisher nur aus dem Fernseher gekannt. Doch alle Blicke richteten sich nicht auf die Musiker sondern auf einen weiteren Vorhang neben den Musikern. Der Vorhang schien sich in der Musik zu wiegen. Doch dann zeichnete sich durch den Vorhang eine Person ab. Sie bewegte sich in der Musik und glitt an dem Vorhang entlang. Die Musik wurde etwas lauter und rhythmischer. Die Trommel traten in den Vordergrund und steigerten die Spannung. Schließlich glitt aus einer Falte im Vorhang ein langes Bein. Gregor hob die Augenbraue. Sein Nachbar stieß in nur lachend an und flüsterte ihm zu jetzt genau aufzupassen.
Eine junge Frau kam langsam zum Vorschein. Sie bewegte ihre Hüften im Takt der Musik. Gregor lächelte. Ein Bauchtanz also.
Die Frau wiegte sich mit dem Flöte und schien geradezu in der Musik zu schwimmen. Langsam machte sie einen Schritt nach dem anderen und tanzte in die Mitte des Saales. Erst jetzt tauchte sie richtig in das spärliche Licht. Gregors Kinn klappte schlicht nach unten. Die Frau hatte ein blaues Band aus Seide um ihren Körper geschlungen und verhüllte sich so geschickt. Sie zeigte viel Haut und in ihrem Bauchnabel glänzte ein kleiner silberner Ring. Die verhüllten Stellen ließen viel Platz für Phantasien, stellte Gregor fest. Der Schleier der in ihre langen schwarzen Locken geflochten war, unterstrich dies nur zusätzlich.
Sie bewegte sich mit voller Hingabe und wirbelte nun zu einer schnelleren Musik umher. Oft verweilte sie vor einem der Gäste. Es schien in diesem Moment als ob sie sich nur für jenen Gast bewegte. Die Hüften kreisten vor den Köpfen der Gäste und ließen sie schließlich begeistert zurück. Auch vor Gregor machte die betörende Tänzerin halt. Länger als bei den anderen Gästen wiegte sie sich vor ihm und lächelte in an. Als sie sich schließlich umdrehte fühlte sich Gregor sehr flau.
Mu-Berek beobachtete das Schauspiel und lächelte versonnen. Sie machte ihre Sache gut. Als Tänzerin war sie unschlagbar. Hoffentlich würde sie auch seine restlichen Erwartungen erfüllen. Sie hatte hohe Forderungen gestellt für die Dienste die er ihr aufgetragen hatte, aber er hatte keine Wahl. Das hatte sie schnell erkannt.
Er grübelte über seine Lage nach. Der Einsatz in den Kongo stand bevor. In drei Tagen würden sie aufbrechen. Bis dahin musste er verwertbare Informationen gefunden haben. Sein Leben war ihm lieb und teuer. Nein, er würde Erfolg haben, auf die eine oder andere Weise. Hassan würde ihn weiterhin als Adjutanten behalten.
Er nickte den Musikern zu und beendete so die Darbietung. Tosender Applaus war die Folge. Mu-Berek grinste zufrieden und wies die Diener an die Teegläser der Gäste nachzugießen. Die Tänzerin hatte ihn wirklich betört. Gregor fühlte wie sein Bauch Luftsprünge vollzog. Immer noch war der Empfang nicht zu Ende. Man war wieder zu Einzelgesprächen übergegangen. Auch ein paar kleine Gruppen fanden sich zusammen. Die aktuelle Politik in der Bruderschaft bestimmte wieder alles Denken. Gregor stand etwas abseits und beobachtete die Menge. Nur selten konnte er ein paar Gesprächsfetzen aufschnappen. Die Afrikaner dachten offensichtlich darüber nach sich nicht länger Hassan zu unterstellen. Zumindest forderten sie Zugang zu den neuen Tarnfeldern, welche die K- Koalition einsetzte. Gregor lächelte. Natürlich würde sich sein Vater hüten, ihnen diese Technologie zu übergeben. Nicht ohne gewisse Versicherungen und was noch wahrscheinlicher war, ein Angriff auf Hassan. Für seinen Vater schien sich selbst hier, im Herzen des Feindeslandes einiges sehr positiv zu entwickeln. Gregor lehnte sich gegen einen der großen Säulen des Saales und trank ein weites Glas Tee. Ihm wäre ein Bier lieber gewesen, aber bei seinem Ausflug in die Stadt hatte er begriffen warum die Bevölkerung hier lieber keinen Alkohol trank. Bier und eine halbe Stunde Sonne konnten einen hier regelrecht umhauen.
Während Gregor seinen Blick durch den Saal schweifen lies trat einer der Diener auf ihn zu. Er verneigte sich. „Verzeihen Sie Herr. Sind Sie Gregor Panterre?“ Gregor schaute etwas überrascht und nickte. „Ja, worum geht es?“ Der Diener lächelte. „Eine Dame am Hof hat mir aufgetragen ihnen eine Botschaft zu überbringen.“ Er drückte Gregor einen Zettel in die Hand, dann verneigte er sich kurz und verschwand wieder. Gregor schaute erstaunt auf den Zettel in seiner Hand. Eine schöne Handschrift hatte dort einige Zeilen hinterlassen. Seite 119 Sie haben mehr von mir gesehen als ich von Ihnen. Ich glaube aber wir könnten das ändern. Um Mitternacht werde ich im östlichen Garten auf sie warten. Dyszara
Gregor las den Zettel noch ein Mal und dann ein drittes Mal. Dann lächelte er und verließ den Festsaal. Er wollte sich ein wenig frisch machen bevor er dieses Date hatte.
Mu-Berek verabschiedete sich gerade von seinen letzten Gästen. Nur wenige übernachteten im Palast und so war der Empfang relativ früh beendet. Zufrieden mit dieser zur Schaustellung von Hassans Reichtum begab er sich in sein Büro. Noch immer gab es offene Fragen bei der Planung des Kongo Einsatzes. Mu-Berek plante dieses Einsatz besonders sorgfältig. Schließlich war ihm sein Leben lieb und teuer. Seitdem Hassan den Gerüchten der vier Tafeln von NOD nachging hatte es viele Fehlschläge gegeben. Doch seit einiger Zeit schien man sich auf einer heißen Spur zu befinden. Alte Datensätze in verschiedenen Speichern auf der Welt berichteten von einer Basis im Bergdschungel des Kongo. Kane selbst soll diese Basis vor dem Afrikafeldzug eingerichtet haben. Doch nach der Niederlage bei Sarajevo war das Signal aus der Basis abgebrochen. Außer einigen ungenauen Beschreibungen war offensichtlich nichts geblieben. So entstanden die wildesten Gerüchte. Einige sahen darin das geheime Versteck Kanes. Andere vermuteten dort die vier großen Tafeln der Bruderschaft. Die Niederschriften von Kanes Worte aus vergangener Zeit. Einige glaubten diese Tafeln wären die Sicherheit Kanes gewesen, da er gewusst hatte, dass er als Märtyrer sterben würde. Seinen Nachfolgern hatte er angeblich auf diesen Tafeln Anweisungen hinterlassen. Es gab auch eine Fraktion die behauptete diese Basis wäre die wahre Hand von NOD. Der Prototyp einer neuen Version ihrer alten Ausbildungscamps. Vielleicht eine Anlage um Truppen zu klonen. Die ultimative Geheimwaffe gegen die GDI. Das Vermächtnis Kanes.
Hassan war allen diesen Gerüchten nachgegangen. Sollte sich nur eines dieser Gerüchte bewahrheiten, musste Hassan die Geheimwaffe oder diese Tafeln besitzen. Im Kampf um die Macht in der Bruderschaft zählte jeder Erfolg. Im Laufe der Suche hatte Hassan zwei der Tafeln gefunden. Damit bestätigte sich eines Gerüchte im Prinzip. Aber die Wissenschaftler hatten es nicht geschafft sie zu entschlüsseln. Nun war eine dritte Tafel aufgetaucht. Kasian hatte sie an sich gebracht und sogar damit begonnen sie zu entschlüsseln. Offensichtlich hatte er neue Programme in das Cabal-Netzwerk übertragen und so die Leistungsfähigkeit gesteigert. Aber nur seine Anhänger hatten Zugang zu diesen besonderen Ressourcen. MuBerek stellte sich immer wieder die Frage wie er das wohl bewerkstelligt hatte. Aber selbst ohne den Zugriff schien das Cabal-Netzwerk in der Leistung gewachsen. Der Computer begann die einzelnen Computerkerne zusammen zu schalten um so besser arbeiten zu können. Mu-Berek war höchst erfreut und gab die letzten Befehle für den Einsatz. Nun war die Planungsphase abgeschlossen. Sobald Hassan zurückkehrte würde die Mission beginnen. Er rieb sich das müde Gesicht und schaltete die Videoüberwachung ein. Einige Szenen sollte er vielleicht noch beobachten. Man wusste nie wozu die Vorlieben der einzelnen Bewohner des Palastes zu gebrauchen waren.
Dyszara kämmte sich ihre Haare und musterte sich dabei im Spiegel. Bald würde sie sich zu ihrem kleinen Treffen aufmachen. Endlich konnte sie es schaffen. Mu-Berek hatte ihr die Möglichkeit eröffnet, einen Fluchtweg zu finden, sollte sie es schaffen, die gewünschten Informationen zu beschaffen. Sie legte den Kamm beiseite und zog mit einem Lippenstift ihre Lippen nach. Sie wählte extra den Lippenstift aus, welcher ihr feuchte Lippen verleite. Der Bursche, mit dem sie sich treffen sollte würde sicherlich darauf anspringen. Dyszara war froh, dass ihre Zielperson wenigstens gut aussah. Wie hasste sie es doch die meist alten und fetten Kerle zu becircen um ihnen etwas wertvolles zu entlocken. Sie schüttelte sich bei der Erinnerung, was sie dafür schon alles getan hatte. Vermutlich war der Bursche auch nicht pervers, wie die alten Kerle. Ein weiter Pluspunkt. Sie lächelte Testweise in den Spiegel und machte sich bereit zum gehen.
Gregor war nervös. Er hatte eine frische Uniform angelegt und sich mindestens zehn Minuten im Spiegel betrachtet bevor er aus dem Quartier aufgebrochen war. Nun ging er unsicher über den Flur in die Richtung des östlichen Gartens. Natürlich war er geschmeichelt, dass ihn jemand zu so einem Treffen lud, aber eine innere Stimme in ihm verstummte nicht. Er hatte ein ungutes Gefühl. Konnte es eine Falle sein um ihn aus dem Weg zu schaffen. Kurz hielt er inne und überdachte diese Option. Sicherlich würde so ein Vorfall zum offenen Konflikt zwischen den beiden großen Machtblöcken kommen. Das würde Hassan sicherlich nicht riskieren wollen. Gregor zuckte die Achseln. Er wollte es einfach darauf ankommen lassen. Als er den Garten erreichte, war er leer. Die kleine Anlage war im Grunde nicht mehr als eine rechtwinkliger Innenhof den man bepflanzt hatte. Aber die Gärtner hatten ihr ganzes Können eingesetzt und die Illusion eines großen Gartens geschaffen. Die Luft war kühl, als Gregor auf den kleinen Kiesweg trat. Die Öffnung über dem Garten lies den Blick auf den schwarzen Nachthimmel zu. Vereinzelt blitzen Sterne durch die Dunkelheit. Der Mond bildete eine schmale Sichel am Himmel und beschien den Garten ein wenig. Gregor wanderte über den kleinen Kiesweg auf einen Pavillon zu. Erst als er kurz vor der Treppe stand, entdeckte er eine Gestalt im Inneren des Pavillon.
Langsam und etwas nervös ging er auf die Gestalt zu. Nach kurzer Zeit hatte ihn auch die Gestalt entdeckt und richtete sich ein wenig auf. Gregor lächelte erstaunt als er die Gestalt als die Tänzerin wiedererkannte. „Gregor, schön dich zu sehn. Ich wusste du würdest kommen.“ Sie lächelte und nahm seine Hand. Gregor schaute verwirrt. „Nun, bei dieser Einladung fällt es schwer widerstehen.“ Sie zog ihn in den Pavillon und schob ihn auf einen der Sitzbänke. „Du bist die Tänzerin von heute Abend nicht wahr?“ Sie nickte und schenkte ihm ein weiteres Lächeln. „Ja die bin ich. Mein Name ist Dyszara,“ antwortete sie. „Woher kennt du meinen Namen?“ wollte Gregor wissen. Sie nahm seine Hand in ihre und streichelte sie. „Ich habe die Diener gefragt. Du hast mir gefallen. Was machst du bei diesen Empfang von schleimigen Diplomaten?“ Er schaute etwas verlegen zu Boden. „Ich glaube ich gehöre eben zu diesen schleimigen Diplomaten,“ antwortete er. Sie schüttelte den Kopf. „Nein, nein. Das glaube ich nicht. Die Diener haben gesagt, dass viele Gäste über dich als Soldaten gesprochen haben.“ Er nickte langsam. „Na ja, ich bin eigentlich noch Rekrut, aber mein Vater hat mich an den Hof geschickt.“ Leises Keuchen war die erste Antwort. „Dann stimmt es also? Du bist der Sohn von Kasian?“ Gregor lächelte matt. „Ja bin ich.“
Dyszara streichelte weiterhin seine Hände. „Du gefällst mir trotzdem. Du passt nicht zu diesem Hof.“ Gregor schaute ihr in die Augen. „Du aber auch nicht. Warum tanzt du hier?“ Es schien ihm so, als ob er gerade einen wunden Punkt getroffen hätte, denn sie schaue abrupt weg. Nach einer Sekunde des Schweigens antwortete sie. „Man hält uns hier gefangen. Wir sind praktisch Hassans Harem.“ Gregor schaute nachdenklich drein. „Das ist ja Schrecklich!“ Dyszara nickte langsam. „Wir können den Palast nicht verlassen. Wir leben wie in einem goldenen Käfig.“
Plötzlich schmiegte sich Dyszara an Gregors Schulter. Er schaute zuerst überrascht, legte dann aber einen Arm um sie, als sie leise zu schluchzen anfing. „Warum bist du zu mir bekommen? Nur weil ich dir gefalle?“ Mit wässrigen Augen schaute zu ihm auf. „Ich weiß nicht genau.“ Sie stockte und begann wieder leise zu schluchzen. „Du erschienst du mir Seite 121 irgendwie anders.“ Ein weitere Schluchzer entfuhr ihr. „Vielleicht suche ich nur jemanden in diesem Hof, der in mir nicht nur die Tänzerin sieht.“
Sie schwiegen lange. Gregor streichelte sie langsam und zärtlich. Zuerst das Haar, dann die Arme und das Gesicht.
Mu-Berek beobachtete die Szene im Garten genau. Leider gab es für den Garten keine Mikrophone. Leise verfluchte er seine Nachlässigkeit bei der Nachrüstung des Aufzeichnenssystems. Trotzdem schien ihm, als ob Dyszara ihre Sache gut machte. Schnell hatte sie an ihn geschmiegt und er begann sie zu streicheln. Mu-Berek lies ein breites Grinsen sehen und gab dann dem Computer die Anweisung die Personen zu verfolgen. Er musste sich etwas ausruhe. Der Tag war sehr lang gewesen. Die restlichen Aufzeichnungen würde er sich morgen in aller Ruhe ansehen.
Gregor öffnete die Türe zu seinem Quartier. Dyszara hatte nicht länger im Garten bleiben wollen, als zwei Palastwachen dort routinemäßig ihren Kontrollgang beendeten und eine Pause einlegten. Aber sie wollte auch nicht zurück in ihr Quartier. Sie sagte, dort würde sicherlich einer der Gäste des abendlichen Festes auf sie warten. Gregor hatte ihr also angeboten sie erst mal in sein Quartier mit zu nehmen. Er führte sie hinein und begab sich kurz ins Bad um sich die Hände zu waschen. Während er seine Hände unter das kühle Wasser hielt, betrachtete er sich im Spiegel. Er schnaufte lautstark und erfrischte sich mit einem Schub Wasser ins Gesicht.
Als er wieder aus dem Bad kam fand er Dyszara zuerst nicht. Erst als er seinen Blick nochmals durch das Zimmer schweifen lies, fand er sie. Sie lag ausgestreckt auf den großen Bett. Gregor blinzelte kurz bevor er erfasste wie sie dort lag. Während er im Bad gewesen war, musste sie sich entkleidet haben. Nun räkelte sie sich auf dem großen Bett. „Ich glaube ich möchte heute Nacht bei dir bleiben,“ sagte sie und lächelte ihn an. Gregor zog eine Augenbraue hoch und ging auf sie zu.
Es war spät, aber Hassan war hellwach. Sein „Gast“ war sehr ungehalten gewesen. Seine Einladung hatte er allerdings nicht ablehnen können. Würde die Horus Garde Geschenke annehmen, so würde Hassan sie ihnen jetzt gewähren. Aber sie waren bescheiden und das schätze er an ihnen sehr. Sein „Gast“ und ehemaliger Kommandant war nicht so bescheiden gewesen. Nun würde er seine gerechte Strafe erhalten. Hassan ging vor dem Zelt der Chirurgen auf und ab. Bald würde er die Ergebnisse der Forschungen von Angesicht zu Angesicht beurteilen können.
Wie aufs Stichwort traten die Wissenschaftler und Chirurgen aus dem Zelt. „Sir, wir haben ihn fertiggestellt.“ Hassan nickte nur und drehte sich zu einer Konsole neben dem Zelt um. Ein neues Signal wurde nun von der Konsole eingefangen. Hassan gab einige Befehle und übertrug sie. Gespannt beobachtete er das Zelt. Kurz darauf schob sich am Eingang die Zeltplane zur Seite und ein großer Soldat stampfte nach draußen. Die rechte Hand war durch eine Waffe ersetzt worden. Ein schwere Brustpanzer war mit dem Körper verschmolzen und machte die Gestalt noch massiger. Durch die Uniform konnte man sehen, dass auch Arme und Beine nicht mehr gänzlich aus Fleisch und Blut bestanden. Dicke Adern bestehend aus Kabeln und Hydraulik durchzogen den Körper. Der Kopf war auf einer Seite durch eine Metallprothese ersetzt. Ein rot glimmendes Auge stach aus dem Metall hervor. Der Soldat stampfte auf die Konsole zu. Seine mechanische Stimme begann zu sprechen: „Erwarte Input, Sir!“ Hassan klatschte die Hände. „Gratulation meine Herren,“ sagte er zu den Wissenschaftlern gewandt. Schnell drehte er sich wieder um und ein kaltes Lächeln durchzog sein Gesicht. „Nun, was halten sie von ihrer neuen Aufgabe mein lieber Kommandant? Sie sind sicher stolz darauf, mein erster Cyborg zu sein, oder nicht?“ Der Cyborg starrte nur ins Leere und einige seiner Geräte summten leise. Hassan lachte leise. „Meine Herren, bitte nehmen sie noch ein paar Feineinstellungen vor. Für einen Feldeinsatz sind seine Implantate noch etwas zu geräuschvoll. Wenn sie das geschafft haben, dann beginnen sie mit der Serienfertigung.“ Die Wissenschaftler machten sich eiligst an die Arbeit, während Hassan das Zeltlager neben der ehemaligen Basis seines ersten Cyborgs verließ und in seinen Transporter stieg.
Gregor fluchte innerlich, als er bemerkte, dass er gestern Nacht nicht die Fensterläden geschlossen hatte. Es war kurz nach Sonnenaufgang und schon schien ihm die Sonne direkt ins Gesicht. Unglaublich, dachte Gregor, da baut jemand so ein prunkvolles Zimmer und stellt das Bett genau in den Einfallswinkel der Morgensonne. Er drehte sich etwas aus dem Sonnenstrahl und stieß auf einen anderen Körper. Gregor blickte lächelnd auf den zarten Körper von Dyszara und legte einen Arm auf sie, um ihre zarte Haut zu streicheln. Im Grunde wusste er gar nicht mehr, wie es dazu gekommen war, aber nun war er keine Jungfrau mehr. Sie hatte schnell bemerkt, dass er in manchen Dingen noch kaum Erfahrung hatte, aber sie verstand es dies wett zu machen. Während er sie so zärtlich streichelte begann auch sie zu erwachen.
„Guten Morgen,“ flüsterte sie leise. „Gut geschlafen?“ Er grinste breit. „Wie ein Stein.“ Sie schmiegte sich an ihn und döste noch ein Weile. Erst eine halbe Stunde später regte sie sich wieder. „Gregor?“ Er drehte den Kopf zu ihr und schaute ihr in die Augen. „Was?“ Sie holte kurz Luft. „Wird dein Vater Hassan angreifen?“ Überrascht schaute er sie an. „Warum fragst du das?“ Sie schaute verlegen auf die Bettdecke. „Ich dachte, vielleicht würdest du dann kommen und mich aus diesem Gefängnis befreien.“ Sie schaute ihn wieder an und ihre Augen schienen ein wenig wässrig. Gregor streichelte sie und schaute ihr in die dunklen Augen. „Ich werde dich hier raus holen. Ganz sicher. Aber mein Vater wird deswegen sicherlich keinen Krieg gegen so einen mächtigen Gegenspieler beginnen.“ Er lächelte matt. „Aber mir wird schon etwas anderes einfallen.“ Sie sah nachdenklich aus und spielte mit einer ihrer Haarsträhnen. „Ich habe einmal gehört dein Vater würde eine der legendären Tafel Kanes besitzen. Wird er die Prophezeiung Kanes verkünden?“ Gregor zuckte die Achseln und setzte sich auf. „Ich weiß es nicht. Als ich meine Ausbildung begonnen habe, da stand die Tafel meistens bei uns in einem Saal. Mein Vater sammelte Gegenstände aus der frühen Zeit der Bruderschaft. Ich glaube nicht das er damit etwas anfangen kann.“ Dyszara schüttelte den Kopf. „Vorgestern habe ich gehört wie einer der Soldaten erzählt hat, dass dein Vater die Tafel entschlüsseln lässt.“ Gregor schaute überrascht. „Ist wohl ne Menge passier, seit ich weg bin. Aber ich glaube nicht, dass es viel bringen wird, diese Schrifttafel zu übersetzen. Hassan hat doch auch zwei Tafeln oder? Zumindest habe ich das gehört.“ Sie nickte und schob sich ein paar Strähnen aus dem Gesicht. „Ja, ich glaube er hat sie, weiß aber damit nichts anzufangen. Aber las uns nicht von solchen Dingen reden. Ich habe eine bessere Idee.“ Sie lächelte und räkelte sich. Dann schlängelte sie sich auf Gregor und begann ihn zu küssen. Mu-Berek beobachtete die Szene wieder in seinem kleinen Büro. In Zukunft sollte er sich angewöhnen mehr zu schlafen. Aber die Aussicht auf den Fehlschlag der Kongo Mission lies ihn wach bleiben. Albträume hatten die Nacht über geplagt. Schließlich hatte er sich entschlossen wieder an die Arbeit zu gehen. Nach einem heißen Mokka und einer Viertelstunde Schmökern in der „Brotherhood Post“ hatte er sich an seinen Schreibtisch gesetzt. Die Videoüberwachung war die ganze Nacht gelaufen. Schnell spulte er die Nacht durch. Der Computer hatte mögliche interessante Stellen markiert. Zumeist war nichts verwertbares dabei. Erst als sie das Quartier betraten schaltete er auf normale Geschwindigkeit. Schnell stellte er fest, Dyszara ging die Sache wie ein Profi an. Mu-Berek beobachtete zuerst amüsiert Panterre, aber schließlich spulte er weiter. „Nichts!“ stieß er hervor. Er fluchte leise und schaltete die Echtzeitüberwachung ein. Seine Laune besserte sich schlagartig, als er beobachtete wie Panterre erwachte. Vielleicht ergab sich doch noch etwas.
Für dieses Quartier hatte er auch ein Mikrophon installiert und so könnte nicht nur sehen, sondern auch hören. Etwas, was ihm bei der Beobachtung des Gartens, letzte Nacht sehr gefehlt hatte.
Er beobachtete wie auch Dyszara erwachte. Mu-Berek konnte nur hoffe, dass sie noch einen Plan hatte. Diese Informationen waren wichtig. Er fragte sich, wie weit wohl Kasian mit seiner Entschlüsselung gekommen war. Gespannt verfolgte er das Gespräch. An wichtige Geheiminformationen würde Dyszara in dieser kurzen Zeit nicht kommen. Das war ihm klar, aber er setzte auf ihr Talent, doch noch etwas zu erfahren. Und das tat er auch.
Lange saß er einfach nur da und beobachtete das erneute Liebesspiel der Beiden. Schließlich schlug er mit der Faust auf den Tisch und stand auf. Keine Informationen. Er wusste nicht einmal genau was sein Vater mit den Tafeln trieb. Langsam ging er um den Tisch und betrachtete eine Karte an der Wand. Mit dem Finger tippte er auf den Kongo und flüsterte. „Dann muss es wohl doch ein Erfolg werden.“