7. Kapitel
Kasian stand vor dem Videoschirm und begrüßte seinen Freund Hermandes am anderen Ende. Er hatte wenige Freunde in der Bruderschaft, aber Antonio Hermandes gehörte definitiv dazu. Sie hatten schon sehr oft zusammen Schlachten geschlagen und beide ihren Nutzen daraus gezogen. Der gebbürtige Spanier herrschte inzwischen über große Teile von Spanien und Portugal. Ein wichtiger Verbündeter.
„Buenas dias Kasian,“ begrüßte ihn Antonio. Kasian lächelte. „Hola, mein Freund. Was gibt es neues bei dir?“ Antonio grinste. „Die GDI hat Portugal fast vollkommen verlassen. Lisabon ist ihr letzter Stützpunkt. Ich glaube sie haben keine Lust mehr wegen den wenigen Einwohnern einen Krieg gegen mich zu führen. Ist ihnen zu verlustreich.“ Kasian nickte. „Das ist gut.“ Antonio blickte auf etwas neben der Kamera. „Si amigo. Aber wie ich sehe, sind deine Erfolge weitaus größer. Ich gratuliere!“
Kasian verschränkte die Arme hinter dem Rücken. „Es war riskant aber nötig. Wulf ist verrückt geworden.“ Hermandes nickte. „Si, ich habe mit ihm gesprochen. Er bat um Hilfe, aber seine Wortwahl war etwas, nun sagen wie unhöflich.“ Kasian lachte und sagte: „Oh bei dir auch? Nun das hat sich jetzt ja erledigt. Aber ich hätte da eine Bitte.“ Hermandes lächelte. „Ah Amigo, für dich immer, worum geht es?“
Der Schlamm spritzte rechts von Gregor auf. Verflucht, er hatte wieder eine Falle übersehen und somit einen der Ausbilder auf sich aufmerksam gemacht. Gregor warf sich in den knöcheltiefen Schlamm und feuerte auf die computergesteuerten Gegner. Zielscheiben mit echten Gewehren. Die Ausbilder steuerten sie von einer Konsole aus. Sein Glock hustete drei Schüsse aus dem Lauf und lies die Zielscheibe am Hals zersplittern. Gregor spielte den Anführer ihrer kleinen Truppe. Ihm folgten seine Kameraden. Sie wurden auf Dschungelkampf trainiert. Guerillataktiken waren für die Bruderschaft sehr wichtig, vor allem falls sie jemals in Sümpfen oder dichten Wäldern operieren mussten.
Samuel deckte ihm den Rücken und als sein M16 plötzlich hinter ihm hämmerte, duckte sich Gregor schnell. „Heckenschützen!“ zischte Samuel. Gregor hob die Hand und befahl langsam vorzurücken. Er war wirklich überrascht wie viel man in einer flachen Höhle alles bauen konnte. Diese kleine Höhle war zu einem Urwald Parkuhr geworden. Gregor erspähte aus den Augenwinkeln eine Bewegung und feuerte in die Richtung vier Geschosse ab. Mit Sicherheit hatte er nicht getroffen, daher deutete er auf das Gebüsch und seine Kameraden eröffneten aus drei M16-Impulsegwehren das Feuer. Der Busch brannte innerhalb kurzer Zeit und dahinter kam eine verkohlte Zielscheibe zum Vorschein.
Eine weitere Bewegung lies Gregor herumfahren und seine Pistole Marke Glock auf das neue Ziel auszurichten. „Stopp!“ echote es aus einem versteckten Lautsprecher und Gregor hielt sich zurück um nicht abzudrücken. „Danke das sie eine gute Reaktion haben Panterre,“ sagte Terag. Er war das neue Ziel gewesen, dass unverhofft aufgetaucht war. „Sir?“ fragte Gregor überrascht. Dieser nickte nur. „Ihre Übungen in diesem Bereich sind für heute Beendet. Sie haben sich gut geschlagen für den Anfang, Auch wenn ich nichts davon halte wie sie das Ziel hinter dem Busch erledigt haben. Das lenk doch etwas viel Aufmerksamkeit auf sie.“ Er schmunzelte. „Aber gut, das Ziel haben sie ausgeschaltet, daran kann keiner rütteln.“ Die Dusche war ungemein erfrischend gewesen, stellte Gregor fest, auch wenn es ewig gedauert hatte den Schlamm abzuwaschen. Samuel hatte bereits die Theorie aufgestellt, dass der Schlamm der Grundstoff für die Titanplatten sein könnte, so wie er an einem klebt. Phillip dagegen favorisierte eine Rekrutenversion, nachdem der Schlamm aus den Essensresten der Kantine gewonnen wurde. Alle Theorien die im Umlauf waren, schienen ungemein geschmackvoller Natur zu sein.
Nach einer Stunde versammelten sie sich in einem Besprechungsraum in der Ausbilderbaracke. Terag stand breitbeinig vor ihnen. Sein Grinsen war seltsam. Alle befürchteten schon eine neue Ausbildungsmethode. Vielleicht hatten irgendwelche sadistischen Wissenschaftler etwas neues entdeckt, um Rekruten auf Trapp zu bringen. Doch es schien etwas anderes im Busch zu sein. Terag schien wirklich erfreut über die Neuigkeit, die er verkünden wollte.
Seine Stimme war laut und fest. „Rekruten. Ihr habt einen Günstling im Stab von Kasian. Anders kann ich es mir nicht erklären!“ Gregor konnte sich denken wer dieser verdammte Günstling war. Vermutlich würde die Neuigkeit sie wieder in irgendeinen Kampf bringen. Als Rekruten, um mehr Erfahrung zu sammeln. Als Bonus, für den Sohn von Kasian. Gregor schluckte und harrte der Dinge die da kommen mochten.
Terag grinste breit, breiter als er jemals zuvor gegrinst hatte. „Rekruten. Wir werden einige Zeit im Ausland trainieren.“ „Im Ausland?“ stieß Chris hervor. Der Blick des Ausbilders brachte ihn gleich wieder zum schweigen. „Wir wurden abkommandiert um ein Training an der Küste von Portugal zu absolvieren. Kommandant Hermandes wird uns nach dieser kleinen Ausbildung für einige Zeit in seine Truppen integrieren um Erfahrungen auszutauschen.“ Gregor schnaubte erstaunt durch die Nase. Samuel und Phillip standen die Münder offen und Chris war erst recht sprachlos und unsicher was hier vorging. „Macht Euch bereit. Wir werden in vier Stunden die Basis verlassen. Ihr könnt wegtreten!“
Sander trat auf den graue Korridor. Er fühlte sich immer ein wenig unbehaglich wenn er diese Gefängnis besuchte. Er folgte dem roten Strich auf dem Boden. Dieser würde ihn direkt zu den gefangenen Wissenschaftlern bringen. Schon längere Zeit hielten sie diese Gruppe von Wissenschaftlern hier fest. Man erzählte ihnen, wenn sie nicht kooperierten, würde man ihre Familien töten. Da den japanischen Wissenschaftlern viel an ihren Frauen und Kindern lag, arbeiteten sie hart an der Stealthtechnologie. Sander erinnerte sich noch, an das Kommando, welches sie aus ihrem Labor entführt hatte. Er war der Major der Truppe gewesen. Die Wissenschaftler waren Verräter gewesen, genau wie ihr Kommandant. Ihre Neuentwicklungen auch der GDI anzubieten war ihr Untergang gewesen. Bevor eine alliierte Streitmacht der Bruderschaft ihre Basis dem Erdboden gleich gemacht hatte, war Sander und sein Trupp in die Labors eingedrungen. Sie hatten die Wissenschaftler entführt um sie für Kasian arbeiten zu lassen. Das war ein großer Fang gewesen. Sander hoffte nur, dass die Gefangenen nie die Wahrheit über ihre Familien erfuhren. Der Zorn Kanes war grausam und allumfassend.
Aber heute gab es mehr zutun als das Stealthprojekt voran zu treiben. Einer der Wissenschaftler hatte den Auftrag bekommen, eine alte Tafel zu entziffern. Diese Tafel stammte aus dem Stammland der Bruderschaft und war schon über 1000 Jahre alt. Dumm nur, dass selbst die Anführer der Bruderschaft nicht mehr das Wissen hatten um sie vollständig zu entschlüsseln. 1000 Jahre, dachte Sander. So lange hatte Kane schon die Bruderschaft gelenkt und was war nun? Kleine Gruppen kämpften gegen einander anstatt gegen die GDI. Er verabscheute all diese Ränkespiele und Intrigen.
Mit diesen Gedanken erreichte er das Ende des Korridors. Ein Wachposten stand vor der Türe. Sander legte seine Hand auf ein schwarzes Feld in der Wand. Ein roter Stahl tastete seine Hand ab um dann mit einem leisen Piepton sein „OK“ zu geben. Die Wache nickte nur und die schwere Stahltüre öffnete sich knirschend. Einer der Wissenschaftler, ganz offensichtlich kein Japaner stand vor ihm. Er schien auf ihn zu warten. Sander überlegte kurz, bevor er dem Gesicht den richtigen Namen zuordnen konnte. Natürlich, dies war Karjiditsch. Der Wissenschaftler war natürlich kein Japaner, aber auch er war hier Gefangener. Der Mann kam aus Belgrad. Aber in ganz Jugoslawien und den Nachbarstaaten wie Kroatien war die GDI sehr stark vertreten. Allein um zu verhindern, dass NOD Jünger in die Nähe des Tempels kamen. Sander war immer wieder überrascht welche Mittel man dafür einsetzte. Es war unglaublich. Die Dichte von GDI Posten war im Balkan nach fast 30 Jahren immer noch dreimal so hoch wie sonst in der Welt. In Belgrad hatte man Karjiditsch dann auch erwischt. NOD Aktivisten hatten dort ein schweres Leben. Kasian hatte ihn befreien lassen, aber dieser Kerl hatte seine Loyalität nicht Kasian unterstellen wollen. Nun so endete er eben bei den Japanern. Sander staunte immer wieder über die Sturheit des Serben. Warum schwor er nicht Kasian die Treue? Nur Kasian hatte es bisher geschafft die Bruderschaft in Europa merklich zu einen. Kasian würde in einigen Jahren die Bruderschaft anführen und Kanes Wille ausführen.
Kanes Wille. Das brachte Sander wieder zurück zu seinem Auftrag. „Na, sind sie voran gekommen mit der Tafel?“ Der Serbe nickte. „Deswegen habe ich sie rufen lassen. Ich habe eine Passage entziffern können.“ Er winkte Sander zu und bedeutete ihm zu folgen. Nach einigen Metern gelangten sie an die Arbeitsnische des Serben. Die Tafel stand in der Mitte auf einem Sockel. Der Computer in der Ecke entzifferte gerade eine weitere Passage nach Karijditschs Eingaben.
„Hier dieser Abschnitt handelt vom Tiberium.“ Sander staunte. „Diese Tafel ist gut und gern 1000 Jahre alt. Sind sie sicher?“ Der missbilligende Blick des Serben erübrigte eine Antwort. „Diese Tafel ist laut dem na ja … sagen wir Impressum am Ende der Tafel von einem Kerubim gefertigt worden. Er hat diese Tafel von einer älteren Schriftrolle oder Schrifttafel kopiert. Anscheinend sind es die Prophezeiungen Kanes, welche hier enthalten sind.“ Sander keuchte laut. „Unglaublich.“
Der Serbe strahlte förmlich. „Ja, aber es kommt noch besser. Ich konnte einige Zeilen aus einer alten Kerubim Schriftrolle übersetzten und diese Buchstaben auch auf die Tafel übersetzten. Die Kerubim benutzen einen eigenen Dialekt der ältesten Sprache der Bruderschaft. Sie scheint auf einer Mischung von Alt-Ägyptisch und Persisch zu sein. Aber es gibt auch Einflüsse von anderen Kulturen. Hebräisch und Syrisch ist ebenso enthalten wie einige afrikanische Einflüsse….“ Sander runzelte die Stirn. „Kommen sie zum Punkt, ich bin fasziniert, kann ihnen aber mit Sicherheit nur bedingt folgen!“
Der Serbe sah enttäuscht aus, seine Erkenntnisse niemandem präsentieren zu können, fuhr aber fort. „Nun gut. In der Zeile der Übersetzung steht etwa: Kane sprach in seiner großen Rede vor den Brüdern im Tal der Mihraj von den großen Dingen, die da kommen sollen. Von magischen Pflanzen welche Gold und Edelsteine aus der Erde ziehen werden und die Welt verändern wird, wie wir sie kennen. Die Bruderschaft würde sich dieser Pflanze annehmen und sie verbreiten über die ganze Welt……“ Sander brummte nachdenklich. „Wir sollen das Tiberium verbreiten? Das ist Kanes Wille?“
Der Serbe nickte eifrig. „Das ist nur eine Passage. In einer anderen geht es offensichtlich um einen geheimen Tempel in Zentralafrika. Ich habe noch viel Arbeit vor mir, aber ich dachte das wäre wichtig.“ Sander nickte. „Das war es. Ich danke ihnen. Machen sie so weiter und in nicht all zu ferner Zeit werden die nach Hause zurückkehren können.“ Sander lächelte. „Mit Dutzenden Panzerdivisionen um ihr Land von der GDI zu befreien.“ Der Serbe antwortete nicht.
Sander verließ die Räume der Gefangen und begab sich auf den Korridor. Das waren wirklich große Neuigkeiten. Das musste Kasian sofort erfahren, beschloss er und sein Schritt beschleunigte sich.
Die vier Rekruten packten ihre Rucksäcke. Viel konnten sie nicht mitnehmen, aber zumindest würden sie nicht in voller Kampfausrüstung reisen. Sie würden etwa drei Tage brauchen um nach Portugal zu kommen. Kommandant Hermandes hatte seine derzeitige Kommandobasis etwa 100 Kilometer von Lisabon entfernt aufgeschlagen. Der einzigen noch richtig bevölkerten Stadt in ganz Portugal. Dort war noch die GDI schwer präsent und Hermandes versuchte sie zu vertreiben. Jedenfalls hatte man das ihnen gesagt.
Gregor war fasziniert wie schnell man unterirdisch reisen konnte. Sie würde drei Tage mit einem speziellen Untergrundzug brauchen. Dieser Zug verband wichtige Zentren der Bruderschaft durch Hochgeschwindigkeitstunnels. Natürlich führte der Zug nur bis etwa die Mitte Spaniens, aber ab da würden sie dann durch kleiner Tunnels reisen. Das war sicherlich auch nicht so schlimm.
Ihr Gepäck geschultert machten sie sich auf den Weg zu den Hangars. Zum Glück war diese Basis direkt an die Zugstrecke angeschlossen. Ein kleiner Bahnhof war errichtet worden und fertigte nun die Züge ab. Zumeist natürlich Güterzüge. Der Tunnel war für Nachschub in Europa konzipiert worden und so wurde er nun auch genutzt. Täglich wurden durch ihn und seine Nebenstrecken große Mengen an Gütern zwischen den einzelnen Gruppen in der Bruderschaft verschoben. Nur so war es möglich, dass alle genügend Rohstoffe und Güter wie Nahrung besaßen. Natürlich gab es das eine oder andere Embargo, wenn eine Feindschaft die Beziehung zweier Gruppen strapazierte, aber der Güterverkehr war meist zu wichtig um ihn zu unterbrechen.
Gregor und seine Kameraden stapften in den Personenbereich des Bahnhofes. Sie waren etwa eine viertel Stunde unterwegs gewesen um ihn zu erreichen. Die Wartehalle schien selten benutzt zu werden. Aber das war auch kein Wunder. Im Normalfall war es sehr teuer Leute in den Zügen mit zu schicken. Es gab spezielle Sicherheitsprotokolle. Zuggäste durften eine Lounge nicht verlassen. Man befürchtete, dass eine kleine Splittergruppe vielleicht den Zugverkehr sabotieren würde. Gregor wusste, dass man den Gästebereich nicht verlassen durfte. Nun und es war auch sehr ungesund. Bei einem solchen Vergehen wurde die Lounge und der Rest des Zuges mit Giftgas geflutet. Die Franzosen hatten darauf bestanden. Selbstschussanlagen würden nur das Material selbst schädigen, argumentierten sie. In der Wartehalle wurden sie von zwei weiteren Soldaten empfangen. Sie würden mit ihnen reisen. Der Eine stellte sich Max Schleif vor. Er war eine Art Diplomat, offensichtlich sollte er in Spanien einen Besuch bei einer Madrider Gruppe machen. Der Andere hieß Andrew Pochrow. Er machte hier nur einen Zwischenstopp wie er kurz erzählte. Gregor vermutete, dass er aus Russland kam. Dort war die Bruderschaft weitaus stärker. Zwar fehlte es ihnen an Mitteln und Ausrüstung, aber die Anhängerschaft war weitaus größer. Das lag wahrscheinlich auch daran, dass die GDI dort bisher wenig Leute evakuiert hatte. Nun, zuerst kamen die Länder, welche die GDI finanziert hatten und dazu gehörte mit Sicherheit nicht Russland. Gregor spürte einen starken Luftzug, dann fuhr der Zug ein. Der Zug war ganz in schwarz gehalten. Alle schien aerodynamisch gebaut zu sein. Die Spitze des Zuges hatte mehr das Aussehen eines Flugzeuges. Die Güterwagen waren in den Zug angepasst und Gummischleusen dichteten die Lücke ab. Dieser Zug war auf Geschwindigkeit ausgelegt. Es konnte gar nicht anders sein, dachte Gregor. Schon war in Gedanken und sah sich mit diesem Gefährt durch die Tunnels rasen. Erst da bemerkte er, dass der Zug keine Fenster hatte und auch ohne jegliche Lichter fuhr. Nur der rote Schein der Computersensoren war zu sehen. Sie stiegen schnell ein und machten es sich in der komfortablen Lounge bequem. Die Rekruten und ihr Ausbilder waren mit den zwei Diplomaten allein. Anscheinend hatte dieser Zug selten Gäste. Alles sah brandneu und fast unbenutzt aus. Gregor lies sich auf einem der gepolsterten Sitze nieder. Alles war sehr bequem eingerichtet stellte er fest. So schlimm würden die nächsten Tage nicht werden. Gregor verstellte seinen Sitz und erkannte, dass man in ihnen relativ gut schlafen konnte. Samuel hatte inzwischen den Speisebereich gefunden. Eine kleine Nische in der man aus einem Kühlfach drei verschiedene Speisen auswählen konnte. Ein Mikrowellenherd erledigte den Rest der Arbeit. Sie deponierten ihre Ausrüstung in einem Schrank am Ende der Lounge. Sie würden ihre Rücksäcke genauso wenig benötigen wie die M16 Gewehre.
Nachdem einige Güter vom Basispersonal entladen worden waren, setzte der Zug seinen Weg fort. Gregor spürte wie der Zug beschleunigte. Sie nahmen Kurs auf Frankreich. Es gab nur drei oder vier dieser Güterzüge und so konnten die Strecken je nach Bedarf sehr flexibel genutzt werden. Sie würden einen Zwischenstopp bei Straßburg machen und dann weiter Richtung Paris fahren. Schließlich würde man noch in der Gegend der Mittelmeerküste von Frankreich gelangen. Die Strecke steuerte zwar immer die Metropolen der jeweiligen Länder an, aber nie führten sie direkt zu ihnen. Die Gefahr einer Entdeckung war zu groß. Schon öfters waren GDI Spähtrupps in die Tunnel eingedrungen, aber bisher hatte man sie immer erwischt. Da man ihre Leichen auf der Oberfläche in entsprechender Entfernung abgeladen hatte, war die GDI bisher nicht hinter dieses Versorgungsnetz gekommen. Gregor fragte sich, wie lange das noch gut gehen konnte. Die neuen Sensoreinheiten der GDI spürten Untergrundbewegungen in einem Umkreis von einigen Kilometern auf. Das konnte eine ernsthafte Gefahr für die Züge darstellen. Die GDI war schließlich nicht dumm und wenn ein Signal alle paar Tage die selbe Strecke nahm, würden sie sicher misstrauisch. Aber immerhin lagen die Tunnels sehr tief unter der Erde. Der Aufwand zu ihnen zu graben war enorm und reguläre Eingänge gab es wenige.
Gregor schloss die Augen und beschloss zu schlafen. Was sollten sie auch sonst tun. Drei Tage würden sie hier in dem Abteil gefangen sein. Zum Glück gab es eine Toilette dachte Gregor und musste unwillkürlich lächeln.
Kasian studierte die ersten übersetzten Passagen. Er war wirklich überrascht. So schnell hatte er gar nicht mit Ergebnissen gerechnet. Bisher hatte der Wissenschaftler allerdings nicht viele Zeilen übersetzten können. Die Mischung der Sprache wäre zu komplex war seine Begründung. Dieser Kerubim Dialekt war interessant. Kasian war der alten Sprache der Bruderschaft zu weiten Teilen mächtig, aber seine Tafel hatte er nie lesen können. Seit er sie in Kairo erworben hatte. Nur die Begriffe Bruderschaft von NOD und Kane waren ohne spezielle Kenntnisse lesbar.
Die Übersetzung machte Kasian stutzig. Die Passage berichtete von großen Reichtümern welche aus dem Boden wuchsen. Damit konnte nur Tiberium gemeint sein. Dies schien eine Prophezeiung zu sein. In alter Sprache geschrieben, wurde hier über die 90iger Jahre des letzten Jahrhunderts berichtet. Über ein mächtiges Bündnis, welches die Bruderschaft bedrohen würde und einen großen Krieg in deren Mittelpunkt die wertvollen Gewächse stehen würden. Dann brach der Text ab. Der Wissenschaftler war sehr langsam bei seiner Arbeit, aber Kasian würde dies in Kauf nehmen.
Er stand auf und schaute aus seinem Fenster. Eine Prophezeiung von Kane. Es war unglaublich. Vielleicht würde ihm diese Tafel den Weg weisen.
Gregor hatte den ersten Tag fast komplett verschlafen. Nun aber war er hellwach und ihm war entsprechend langweilig. Das Abteil im Zug gab wenig an Beschäftigung her und verlassen durfte man es nicht. So sehr langweilte sich Gregor dann doch nicht, dass er sich in Luftanhalten üben wollte.
Die zwei Diplomaten Schleif und Pochrow unterhielten sich über die Lage in Ost Europa. Dort war einiges in Bewegung. Zwei größere Gruppen der Bruderschaft hatten sich vereinigt und versuchten nun ihre Macht in Polen zu festigen. Pochrow berichtete auch, dass Hassan versuchte seine Macht weiter auszuweiten. Hassan kontrollierte weite Teile Ägyptens und des Nahen Ostens. Auch Teile von Asien schienen sich mit ihm verbündet zu haben. Der Diplomat befürchtete schwere Kämpfe in seiner Heimat, wenn Hassan das Schwarze Meer überqueren sollte. Deshalb suchte er auch Verbündete. Gregor lauschte dem Gespräch, aber bald schon wurde es ihm zu kompliziert. Die zwei Diplomaten besprachen verschiedene Probleme in einer Fachsprache, welcher er nur schwer folgen konnte.
Samuel und Chris spielten mit ihren Datenblöcke. Als ihr Techniker hatte Chris es geschafft einige simple Spiele auf die Datenblöcke zu übertragen. Gregor grinste. Viele Soldaten würden ihm dafür dankbar sein. Phillip schien zu schlafen, wenn auch sehr unruhig. Gregor schaute sich weiter um und fand seinen Ausbilder hinter ihm in einem etwas abseits stehenden Sessel. Terag studierte etwas auf seinem Datenblock. Gregor konnte nur mutmaßen, aber vielleicht plante Terag bereits die nächsten Tage. Vermutlich würden sie einige Oberflächentrainings machen. Da Portugal ziemlich verlassen war, schien ihm die Gegend in der sie Trainieren sollten ideal. Um die GDI würden sie sich nicht viel Sorgen machen müssen. Das war ein großer Vorteil.
Der zweite Tag verlief ruhig. Der Zug gab ein leises Hintergrundgeräusch ab, aber der Wagon schien bestens isoliert. Trotzdem setzte sich das Geräusch in den Ohren fest und animierte zum Schlafen. Was auch viel getan wurden. Gregor las eine der Zeitungen. Er hatte sie auf dem Weg zur Toilette entdeckt. Sie lagen in einer kleinen Nische aus. Die „Brotherhood Post“ und das „Allgemeine NOD Magazin“ waren die Highlights. Gregor schmökerte im „Allgemeinen NOD Magazin“. Das Magazin befasste sich mit den vergangenen Kriegsjahre gegen die GDI. Was dort geschrieben stand, war mit Sicherheit nicht für den einfachen Frontsoldaten bestimmt. Die Propaganda welche normalerweise in solchen Magazinen zu finden war fehlte fast gänzlich. Die Autoren der Artikel analysierten sehr objektiv. Nun dies war eine Zeitung welche in der ganzen Welt von hohen Offizieren gelesen wurde. Für dumm verkaufen konnte man die gebildete Elite der Bruderschaft schließlich nicht.
Das Magazin erschien zweimal im Jahr. Ein Teil behandelte die jüngsten Entwicklungen in der Bruderschaft, der zweite Teil warf einen kritischen Blick auf Schlachten und kleine Aktionen der Bruderschaft in den letzten Jahrzehnten.
Sie hatten Straßburg zwar angefahren, aber nicht gehalten, fiel Gregor auf. Nun erreichten sie gerade Paris, doch hier schien der Zug einen Stopp zu machen. Zumindest drosselte er merklich seine Geschwindigkeit.
Der Aufenthalt war kurz. Basispersonal füllte den Vorratsschrank wieder auf und leerte die Mülleimer. Die Passagiere durften das Abteil derweil verlassen und sich die Beine vertreten. Die Basis 30 Kilometer vor Paris war klein. In Frankreich hatte die GDI saubere Arbeit geleistet. Nur wenige Basen der Bruderschaft überlebten den Anti-Terror Feldzug von 2014. Inzwischen hatten sich die Franzosen wieder erholt, aber noch immer, 15 Jahre danach liefen die Uhren hier etwas anders.
Waren in den Basen von Kasian wenig Wachen postiert, so war dies hier anders. An jeder wichtigen Türe, welche in die Basis hinein führte waren zwei Wachposten aufgestellt. In voller Kampfmontur. Ein Eindringen von GDI Commandos würde sehr schwer werden. Besser gesagt, es würde ein Blutbad geben.
Gregor steuerte auf einen der Terminals im Bahnhof zu. Er wollte versuchen einige News aus dem Cabal-Net aufzurufen. In diesem Punkt hatte ihn der Zug nämlich enttäuscht. Zwar war der Zug Computergesteuert, aber es gab keine direkte Verbindung zum Cabal-Netzwerk der Bruderschaft.
Gut, vielleicht war das auch zur Sicherheit vor Hackerangriffen geschehen, trotzdem war es nicht gerade komfortabel. Eine Wache versperrte ihm allerdings sofort den Weg. „Non monsieur, vous n`avez pas la permission faire ca!“ Gregor blinzelte verwirrt. Er verstand kein Französisch. In der Bruderschaft war die Standart Sprache Englisch. Einfach aus praktischen Gründen. Erst als die Wache den Finger hob und auf das Terminal zeigte und dann eine Geste für „Nein“ machte, verstand Gregor. Die Uhren liefen hier tatsächlich anders. Man durfte nicht einmal ein Terminal benutzte.
Er beobachtete die Franzosen wie sie eine große Anzahl Güter aus den Wagons ausluden. Sie waren immer noch auf die Unterstützung anderer Gruppen angewiesen. Deshalb betätigten sie sich auch so wenig im großen Machtpoker in der Bruderschaft. Sie konnten es sich nicht leisten jemanden auf die Füße zu treten.
Nachdem alle Gäste wieder eingestiegen waren, setzte der Zug seine Reise fort. Laut einem kleinen Terminal, welches Chris entdeckt hatte, würde der Zug erst wieder in Spanien stoppen. Andere Basen auf dem Weg würden sie umgehen, da keine Waren für sie im Zug mit geführt wurden. Gregor machte es sich wieder bequem. Das Basispersonal hatte sogar die Zeitungen ausgetauscht. Die neue „Brotherhood Post“ meldete neue Massaker der GDI. Der Rest der Fahrt verlief ereignislos. Viele Stunden lang konnte man nichts anderes tun als schlafen.
Die Stunden vergingen langsam und doch, irgendwann erreichten sie Spanien. Sie waren verspannt und verschlafen. Die Diplomaten schafften es irgendwie ihre Würde zu behalten. Sie stiegen als erstes aus dem Zug und wurden von spanischen Würdenträgern der Bruderschaft empfangen. Dem kleinen Trupp hinter ihnen beachtete man kaum. Entweder wurden sie für eine Leibwache gehalten oder man hielt sie einfach für zu unwichtig um sie zu begrüßen.
So standen sie etwas verwirrt auf dem kleinen Bahnhof. Erst nach zehn Minuten näherte sich ein Offizier und brachte sie zu einem kleinen Hangar. Gregor erkannte schnell, dass hier alles in einem etwas kleinerem Maßstab gebaut worden war. Sein Vater hatte doch eine etwas größere Anhängerschaft. In Spanien hatte es die Bruderschaft zwar geschafft die ETA unter ihre Fittiche zu nehmen, aber ansonsten hatten sich recht wenig Anhänger gefunden, welche die Ziele der Bruderschaft vertraten. Gregor überlegte. In der ganzen Welt hatte die Bruderschaft die Terrorgruppen unter sich vereint. In Spanien war es die ETA. Sie hatten inzwischen ihren eigenen Staat. Besser gesagt, Staaten gab es ja in Europa nur noch auf den Papier. Alles wurde von der GDI geleitet. Die ETA hatte ihr neues Ziel, die GDI gefunden und sie aus ihren Gebieten meist vertrieben. Sie wollten die GDI nicht in ihren Angelegenheiten pfuschen sehen und nun unterstützen sie weiter die Bruderschaft. Immerhin hatte die Bruderschaft jahrelang Waffen und Geld bereitgestellt.
Der Offizier war tatsächlich auch in der ETA. Ein extra Abzeichen mit dem Slogan der Terrorgruppe zierte seine Uniform. Der Baske geleitete sie zu einem kleinen U-BMT. Er wechselte kaum ein Wort mit seinen Gästen und kaum 20 Minuten später waren sie bereits wieder unterwegs. Ein weiterer Tag würde wahrscheinlich vergehen bevor sie Portugal erreichten.
Die Fahrt war noch langweiliger als im Zug. Hier gab es keine Lektüre, das Licht schien nur matt aus dem Lampen und es gab weder Toiletten noch Raum um sich groß zu bewegen. In der Frage der Toiletten machten die Rekruten Bekanntschaft mit den Astronautentoiletten. Kleine Plastiktüten für die kleinen Geschäfte. Gregor war regelrecht begeistert. Die Entsorgung wurde durch eine kleine Luke bewerkstelligt. Keiner wunderte sich mehr über die interessanten Gerüche die in manchen Tunnels zu finden waren.