Kapitel 10
Raumstation Philadelphia, Hauptquartier der GDI
General Solomon blickte aus einem der Bullaugen auf die unter ihm liegende Erde. Vor langer Zeit hatte einmal einer der ersten Astronauten gesagt, erst wenn man die Erde von Oben betrachtet hat, versteht man wie zerbrechlich sie ist. Immer noch war die Erde der blaue Planet, dachte Solomon, aber wenn sie kein Mittel gegen das Tiberium fanden, würde es nicht mehr lange dauern bis aus der Erde der grüne Planet geworden war. Er schüttelte traurig den Kopf und wand sich zu seiner Kommandozentrale um.
Es herrschte geschäftiges Treiben vor den Konsolen und über alle Displays wanderten neue Daten von den Basen auf der Erde. Unzählige beschäftigten sich mit den überall aufgeflammten Bürgerkriegen und Solomon war klar, was hinter diesen sogenannten regionalen Konflikten steckte.
Die Kämpfe zwischen den Nachfolgern der Bruderschaft waren im letzten Jahr immer heftiger geworden und nun kristallisierten sich erste Gewinner heraus. Er musste wieder den Drang unterdrücken einfach eine Interventionsstreitmacht zu entsenden um der Sache ein Ende zu machen. Im Grunde war ihm dieses Spiel zuwider, aber durch seine Zurückhaltung unterstützte er seinen Handlanger Hassan und dieser Handlanger war auf dem besten Weg die Bruderschaft zu vereinen.
Natürlich würde dies einige Vorteile für die GDI bringen. Alle Daten aus dem privaten Netzwerk Hassans flossen direkt zur Spionage-Sonderabteilung und wurden ausgewertet. General Solomon war über jeden Schritt Hassans im Bilde und das würde er ausnutzen sobald die Bruderschaft vereint war.
Die einzelnen Splittergruppen auszulöschen hatte sich als sehr schwer erwiesen. Diese Gruppen hatten die große Verfolgung im ersten Jahrzehnt nach dem Tiberiumkrieg überlebt und kannten inzwischen alle Tricks um der GDI zu entgehen. Dagegen würde es viel leichter sein die Bruderschaft endgültig zu vernichten, wenn er auf die Daten von Hassan zurückgreifen konnte und von jeder Basis die Position kannte.
Wieder blickte Solomon aus dem Bullauge und blickte auf die unter ihm vorüber ziehenden Kontinente. Natürlich war ihm klar, wie gefährlich dieses Spiel war. Hassan hatte längst begonnen geheime Basen zu errichten und diese aus seinem Computernetzwerk aufgegliedert. Doch die Chance die Bruderschaft auf diesem Wege zu vernichten, bedeutete vielen GDI Soldaten das Leben zu retten. General Solomon hatte als junger Mann oft genug selbst einen Säuberungstrupp angeführt und hatte gegen die fanatischen Anhänger der Bruderschaft gekämpft. Inzwischen war der religiöse Wahnsinn und der Kult um Kane noch schlimmer geworden, es war nicht auszudenken was dies alles anrichten konnte.
General Solomon richtete seinen Blick wieder auf das große Display im Zentrum der Kontrollwand. Über dieses Display liefen die wirklich wichtigen Nachrichten und Informationen. Derzeit liefen Berichte über den Bürgerkrieg an der Krim ein. Natürlich war auch dieser Bürgerkrieg hintergründig ein Kampf zwischen zwei NOD Gruppen und es sah so aus, als würde die Gruppe um Kasian gerade den Sieg erringen. Satellitenbilder zeigten eine schwer umkämpfte Hauptstadt. Die Bilder wurden vom Computer bearbeitet und analysiert. General Solomon stellte erschrocken fest, dass Kasians Truppen sowohl Helikopter als auch schwere Panzerverbände einsetzten um das Stadtzentrum zu erobern. Sie versteckten sich offensichtlich nicht mehr vor der GDI sondern gingen offen gegen ihre Feinde vor.
Kasian war ganz eindeutig eine Gefahr für den Plan, den er mit Hassan hatte, dachte Solomon. Soweit er wusste gab es noch drei große Gruppen in der Bruderschaft und alle drei kämpften um die Vorherrschaft
Die fanatischen Besahi NOD waren im Irak fast vernichtet worden und flohen nun vor Hassans Truppen. Doch unter der Führung dieses neuen Mannes, Slavik war sein Name, hatten sie es geschafft ihre Position wieder zu festigen. Immer noch hatten sie genügend Einfluss um ihre Interessen geltend zu machen. Verärgert dachte er daran wie sehr er sich im Irak hatte zurückhalten müssen und von der Presse Kritik eingesteckt hatte. Diese Aktion war nicht gerade gut für den Ruf der GDI gewesen und dann hatte sie nicht einmal den gewünschten Erfolg gebracht. Gerade die enorm fanatischen Teile der Bruderschaft mussten ausgelöscht werden, dem war sich General Solomon sicher.
Die Koalition um Kasian war dagegen mehr ein Zweckbündnis und Solomon schätze die Gefahr weniger hoch ein. Natürlich war es erschreckend über welche Technologien und Mittel sie offensichtlich verfügten. Allein die Stealthtechnologie machte ihre Basen unsichtbar und nahm der GDI so die Möglichkeit effektiv gegen die vorzugehen. Dennoch war sich der General sicher, Hassan würde mit Kasian fertig werden. Der neue Plan, Kasian für seine Taten vor ein hohes Gericht der Bruderschaft zu zerren war geradezu genial und würde sicherlich erfolgreich sein. Ohne die Führung Kasians würde diese Gruppe zerbrechen und Hassan konnte die Scherben aufsammeln. Die Besahi waren von da an nur noch ein lästiger Störfaktor.
General Solomon begab sich in die Offizierskantine um einen Tee zu trinken. Er beschloss noch einmal über seine Pläne nachzudenken. Ein ungutes Gefühl sagte ihm, dass er sich geirrt haben könnte und der GDI noch einiges bevor stand, wenn die Bruderschaft wieder vereint sein würde.
Deutschland, In den Privaträumen von Kasian
Als Adjutant Sander den Raum betrat erwachte Kasian wieder aus seinen Gedanken. Er hatte seit Stunden darüber gebrütet wie er auf die Vorladung des inneren Zirkels reagieren sollte, war aber zu keinem Ergebnis gekommen. Sander brachte neue Nachrichten über den Krim Feldzug und Kasian las die Botschaft erfreut laut.
„Krijecsk in den Händen der Koalition. Das Regime wurde abgesetzt und durch „demokratische“ Kräfte ersetzt. Die aufgegriffenen Offiziere des feindlichen Oberkommandos wurden wie befohlen hingerichtet. Die verbliebenen Truppenverbände haben bereits auf die Koalition ihre Treue geschworen. Erwarte weitere Befehle.
Gez. Oberkommando, Krim Feldzug“
Kasian rang das erste Mal seit langem ein Lächeln ab und legte das Blatt Papier auf seinen Schreibtisch. „Ich denke wir sollten den Truppen erst einmal eine Pause gönnen. Was halten Sie von einer kleinen Siegesfeier?“ fragte er. „Es würde sich sicherlich gut machen für die Propagandaabteilung, Sir,“ antwortete Sander. Kasian nickte zustimmend. „Ja, das denke ich doch auch. Lassen Sie den Kommandeur und eine Auswahl von ausgezeichneten Soldaten für die Siegesfeier herbringen,“ befahl er. Nach einem Augenblick fügte er hinzu: „Ach und lassen sie meinen Sohn auch kommen, ich habe mit ihm unter vier Augen zu sprechen.“ Adjutant Sander nickte knapp und verließ die privaten Räume seinen Anführers.
Irgendwo im Bergdschungel des Kongo
Dicke schlammige Erde spritze in die Höhe und zwang Faisal sich noch tiefer zu ducken. Als die Erde wieder zu Boden kam wurde er wieder von einem Schwall davon eingedeckt. Langsam begann er diesen Dschungel wirklich zu hassen und sehnte sich wirklich nach den einfachen Strukturen, die er aus Wüstenkämpfen kannte. Irgendwo rechts von ihm hämmerte ein Impulsgewehr und zerfetzte dort Büsche wo sie den Feind vermuteten.
Seit zwei Tagen hockten sie nun in einem kleinen Vorposten und kamen nicht weiter. Ihr gesamter Konvoi hatte gestoppt um aufzutanken und erste Kommandos abzustellen. Slavik hatte einen Teil seiner Männer ausgeschickt um Vorposten zu bemannen, da er befürchtete, Hassan könnte sie verfolgen. Ihr Anführer hatte Recht gehabt. Eine Hassan treue Gruppe dieser Region hatte versucht ihnen den Weg abzuscheiden und eine Brücke gesprengt. Nun versuchten sie die Reparatur der Brücke zu behindern und griffen immer wieder aus dem Dschungel an. Aber gestern Nacht hatten die Späher endlich das Lager der Feinde ausfindig gemacht und herausgefunden wie schwach diese Gruppe in Wirklichkeit war. Hassan hatte wenig Verbündete in dieser Region und so opferte er wohl diese kleine Gruppe bis Verstärkung eintraf. Dies war natürlich noch ein Grund schneller voran zu kommen und endlich den Tempel zu erreichen.
Eine weitere Explosion riss ihn aus seinen Gedanken und lies ihn wieder nach seinem Gewehr greifen. Er gab ebenfalls eine Salve auf das Dickicht vor ihnen ab und sprintete dann aus seine Deckung. Schnell war er wieder hinter einem Baumstumpf verschwunden, verfolgt vom wütenden Pfeifen einige Kugel die hinter ihm einschlugen.
Der Feind war umzingelt und ihm ging die Munition aus. Trotzdem hielt seine Verteidigung um das Lager und selbst die hartnäckigen Anstrengungen von Faisals Truppe hatte den Widerstand noch nicht brechen können. Immerhin schienen ihnen inzwischen die Mörsergranaten ausgegangen zu sein und so gelang es Faisal näher an den Feind heran zu kommen. Viele seiner Leute waren im tödlichen Sperrfeuer der Granaten umgekommen, aber Faisal trieb seine Leute weiter an um den Feind endlich zu schlagen. Er lugte an dem Baumstumpf vorbei und erhaschte durch die Blätter einen ersten Blick auf die feindliche Basis. Es war nicht mehr als eine kleine Basis aus Zelten und einigen Schützengräben. Drei hohe Bäume hatte man auf der gerodeten Fläche stehen lassen, die Kronen gestutzt und sie zu Türmen umfunktioniert.
Faisal überdachte die Lage und entschloss sich das Lager nicht offen zu stürmen. Die Türme zu beseitigen würde mit Sicherheit vielen seiner Soldaten das Leben kosten. Aber es gab schließlich noch andere Möglichkeiten des Dschungelkampfes, soviel hatte in der letzten Zeit gelernt. Nun da der Feind wie sie zuvor in einer Basis hockte, konnte er den Spieß umdrehen und immer wieder aus dem Dschungel hervorstoßen. Über Funk forderte er Unterstützungsfeuer seiner wenigen Mörser an. Es dauerte eine Minute bevor er das Pfeifen der Granaten zu hören war.
Während die ersten Granaten im Lager des Feindes einschlugen kam einer seiner Untergruppenführer zu ihm und berichtete ihm. Faisal zog solchen Rapport immer noch vor. Die kurzen schriftlichen Berichte per Datenblock mochte sicherer sein und man musste seine Deckung nicht verlassen, aber dabei ging so manches verloren. Der Anführer eines Kommandos musste den Überblick behalten.
Der Untergruppenführer berichtete von den Verlusten die sie erlitten hatten und bat um neue Anweisungen. Faisal befahl ihm am Rande des Dickichts Position zu beziehen und von dort einen ersten Angriff durchzuführen. Er blickte noch einmal kurz aus der Deckung auf das Lager. Inzwischen hatte dieses schwer unter den Einschlägen der Granaten gelitten und einer der drei Bäume war sogar umgestürzt. Die Hälfte der Zelte schien zerstört und auch das Grabensystem schien nicht mehr intakt. Er gab seinem Untergebenen den Befehl einen der Bäume und seine Besatzung in Brand zu setzen. Sie sollten dazu einen Flammenwerfer verwenden und sich dann schnell wieder zurückziehen. Der Untergruppenführer nickt und verschwand wieder.
Faisal wischte sich den Schlamm aus den Gesicht und versuchte auf dem verschmierten Display seines Gefechtsdatenblock die Meldungen zu lesen. Er stöhnte müde und bete zu Kane, dass sie hier bald fertig sein würden.
Deutschland, In der Zentralhöhle der Koalition
Gleich würde die Siegesfeier beginnen, dachte Kasian und glättete noch einmal seine Uniform. Er trug eine schlichte schwarze Uniform der Bruderschaft und verzichtete bewusst auf jegliche Rangabzeichen. Man hätte ihn für einen Rekruten halten könne, wäre da nicht sein Alter gewesen. Dieser Gedanke brachte Kasian zum lächeln. Ja er war Alt geworden, aber noch nie war er seinen Zielen so nah gewesen. Auch wenn ihm derzeit die Vorladung einen großen Stein in den Weg gelegt hatte.
Die Höhle in der die Feier stattfand, war direkt aus dem dunklen Fels gehauen worden und für den heutigen Tag mit langen leuchtenden Bannern der Bruderschaft geschmückt. Die Banner hingen von der hohen Decke hinab und wallten langsam in einem schwachen Luftzug. Ein großes schwarzes Podium hatte man ebenfalls aufgebaut und dahinter eine großes Display installiert. Gerade strömten die Gäste und Zuschauer herein, alle in schwarzen Galauniformen der Bruderschaft gekleidet. Es war eine große Ehre für die Gäste an so einer Veranstaltung teilnehmen zu dürfen und sie waren aus vielen Bewerbern ausgewählt worden. Eine Reihe aus den neuen Elitetruppen der Koalition, der sogenannten Skorpione, bildete eine Sperre zwischen dem Podium und den Anhängern der Bruderschaft. Nachdem Ruhe eingekehrt war, trat Kasian auf das Podium und wurde mit tosendem Jubel empfangen. Breit lächelnd reckte er eine Faust in die Höhe und ging auf das Rednerpult zu. Er baute sich hinter dem Pult auf und lächelte in das Publikum. Im Hintergrund zeichneten mehrere Kameras den Jubel der Masse und Kasian auf.
Nach einiger Zeit ebbte der Jubel ab und Kasian räusperte sich.
„Meine Brüder, wir sind heute hier zusammen gekommen um einen Sieg zu feiern,“ begann er seine Rede. „Unsere Kämpfer haben viele Entbehrungen auf sich genommen um die unterjochten Länder am Schwarzen Meer zu befreien. Und ich kann Euch sagen, sie WURDEN befreit!“
Wieder hallte großer Jubel durch die Höhle und Kasian hob beschwichtigend die Hände. „Ja, wir haben Grund zum feiern. Wir haben dem armen Menschen dieser Länder das Licht Kanes zurück gebracht. Wir brachten ihnen Frieden, Sicherheit und verjagten ihre Unterdrücker!“ Er machte eine kurze Pause und lies die Worte wirken, dann rief er lauter als zuvor: „Das göttliche Licht Kanes hat uns auf diesem Feldzug begleitet.“
Der Jubel war Ohrenbetäubend und schien nicht enden zu wollen. Die Höhle und ihr Hall verstärkte die Wirkung noch und es schien als ob Kasian vor Zehntausende sprach. Wieder hob er die Hände um die Menge um Schweigen zu bringen.
„Aber lasst uns die Männer feiern, die diesen Sieg erst möglich machten,“ rief er und zeigte auf eine Seite des Podiums. Die Worte von Kasian waren das Signal gewesen und eine Reihe von Soldaten in einfachen Kampfanzügen betraten das Podium. Sie bauten sich links und rechts um Kasian auf und regten unter dem Jubel der Menge ebenfalls die Fäuste in die Höhe. Kasian deutete auf einen der Soldaten und er trat vor. „Dies hier, meine Brüder, ist der Kommandeur des Feldzuges. Seht ihn Euch an und betrachtet einen Soldaten der von Kanes Licht berührt worden ist.“
Jubel brandete über das Podium und der Kommandeur hob lächelnd die Arme zu einer Siegerpose. Kasian trat an ihn heran und steckte ihm einen Orden an die Brust. Nach und nach stellte er die anderen Soldaten vor und zeichnete sie mit einem Orden aus. Schließlich wand er sich wieder ganz dem Publikum zu.
„Kanes Licht hat uns berührt, Brüder!“ begann er erneut. „Seht diese Krieger vor mir,“ und er deutete auf die Reihe Elitekämpfer vor dem Podium. „dies sind unsere Skorpione. Dies sind Kanes Kinder und sie tragen das Licht in die Welt. Sie sind die Vollstrecker der Visionen die einst Kane hatte.“
Kasian ballte die Hand zur Faust und hob sie in die Höhe. „Seht diese Faust und wisset. Diese Faust wird alle Feinde dieser Visionen zerschmettern und in den Staub werfen,“ wieder deutete er auf die Elitesoldaten vor ich.
„Sie sind meine verlängerte Faust, diese Skorpione werden die GDI und ihre Verbündeten zu Staub zermahlen.“ Die Menge, von der Rede mitgerissen, jubelte im blinden Fanatismus und begann das Leitmotto von Kasian zu brüllen.
„Eine Bruderschaft! Ein Wille! Eine Vision! Im Namen von Kane!“ erklang es tosend aus der Menge. Kasian ging darauf ein und antwortete: „Kane lebt im Tode!“
Damit war die Rede beendet und Kasian regte wieder die Fäuste in die Höhe. Die Menge feierte ihn und verehrte ihn gar als Propheten der Kanes Willen verkündete. All dies wurde von den Kameras aufgezeichnet und an alle Basen der Bruderschaft verschickt.